Polen: „Solidarnosc“ ruft zum Boykott von Lidl auf

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Die Lidl-Gewerkschaftschefin und deren Vize wurden entlassen. Die Handelskette wird vorgeworfen, Gewerkschaftsmitglieder zu schikanieren..

Die polnische Gewerkschaft „Solidarnosc“ hat zum Boykott der Geschäfte der Supermarktkette Lidl aufgerufen. Grund sei die Gewerkschaftspitze bei Lidl, die behauptet, entlassen worden zu sein, weil sie bessere Arbeitsbedingungen gefordert hatte, erklärte die Gewerkschaft. Lidl Polen zeigte sich überzeugt, dass die Entlassungen rechtmäßig seien.

Der Boykott, der den ganzen Februar dauern soll, ist die erste Etappe einer langfristigen Aktion der Gewerkschaft gegen die Arbeitsverhältnisse bei Lidl. Der Sprecher von „Solidarnosc“, Marek Lewandowski, erklärte gegenüber Journalisten, die Entlassungen vor Gericht anzufechten. Die Gewerkschaft überlegt auch eine Klage gegen Lidl bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

"Schikanen gegen Gewerkschafter"

Im Gegensatz zu Österreich können in Oststaaten wie Tschechien oder Polen betriebliche Gewerkschaftorganisation gegründet werden. Eine solche wurde bei Lidl vor einem Jahr eingeführt, was laut Lewandowski dem Vorstand der Handelskette eine Dorn im Auge gewesen sei. Dieser hätte von Anfang an die in der Gewerkschaft engagierten Mitarbeiter schikaniert. Im Dezember seien dann die Lidl-Gewerkschaftschefin und ihr Vize entlassen worden, mit der Begründung an illegalen Protestaktionen beteiligt gewesen zu sein. Lewandowski wirft Lidl vor, die Gewerkschaftorganisation in der Supermarktkette loswerden zu wollen. Die Gewerkschafter haben mehr Personal in den Filialen verlangt. Laut "Solidarnosc" müssen die Lidl-Mitarbeiter bis zu 12 Stunden pro Tag arbeiten.

Der Pressesprecher der Handelskette, Patrycja Kaminska, versicherte gegenüber der Zeitung "Gazeta Wyborcza", dass die Entlassungen rechtmäßig seien, weil die beiden Personen "gefälschte Unterschriften" eingereicht und "mehrere illegale Protestaktionen" organisiert hätten.

Boykottaufrufe häufen sich

Es ist nicht das erste Mal in Polen, dass Gewerkschaften Unternehmen öffentlich kritisieren, um Druck auf die Chefetagen auszuüben. Anstatt Reifen zu verbrennen oder auf die Straße zu gehen, nutzen die Gewerkschafter immer öfter Boykottaufrufe, um möglichst schnell bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen.

Die Diskont-Supermarktkette Biedronka etwa versucht mittlerweile nach einigen verlorenen Gerichtsprozessen wegen Ausbeutung ein Image als mitarbeiterfreundliche Firma aufzubauen. Das Unternehmen zahlt nun mindestens 2000 Zloty (475,68 Euro) monatlich - das sind 300 Zloty mehr als der gesetzliche Mindestlohn. Auch bei Kaufland haben die Gewerkschaften nach einer Serie von Blockaden der Läden unbefristete Arbeitsverträge für alle Beschäftigten in Polen erkämpft. Kaufland gehört wie Lidl zur deutschen Schwarz-Gruppe, die mit beiden Ketten auch in Österreich vertreten ist.

(APA)

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