Sodastream: Die Affäre rund ums Sprudelwasser

MIDEAST ISRAEL PALESTINIANS SODA STREAM OXFAM
MIDEAST ISRAEL PALESTINIANS SODA STREAM OXFAM(c) APA/EPA/JIM HOLLANDER (JIM HOLLANDER)
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Ein Werbespot mit Scarlett Johansson hat einen Hersteller von Wassersprudlern zum internationalen Politikum gemacht. Grund ist die Produktion im Westjordanland.

Wien. Dass ein Werbespot mit Scarlett Johansson für Aufregung sorgt, ist an sich noch nicht so ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist aber, dass die Sache zu einem politisch heißen Eisen wird. So geschehen durch den Werbeauftritt der US-Aktrice für den israelischen Hersteller von Wassersprudlern, Sodastream.

Die erste Welle der Aufregung wurde ausgelöst, als der US-Fernsehsender Fox sich weigerte, den Spot, der erstmals beim nationalen Sportevent Superbowl on air gehen sollte, auszustrahlen. Der Grund: Am Ende des Spots, in dem Johansson die Vorzüge von selbst gemachten Sodawässern und Limonaden preist, haucht sie: „Sorry, Coke and Pepsi.“

Coca-Cola und Pepsi im Nacken

Zu kompetitiv, urteilte Fox. Dem Sender saßen die beiden Werbekunden Coca-Cola und Pepsi sichtlich im Nacken. „Im Endeffekt hat uns Fox damit einen Gefallen getan. Der Spot wurde bereits 12,5 Millionen Mal auf YouTube angesehen“, sagt Henner Rinsche, Regional-Manager von Sodastream in Österreich, Deutschland und der Schweiz sichtlich zufrieden. Zum richtigen Politikum wurde der Werbespot allerdings erst, als die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam, deren Botschafterin Frau Johansson bis Ende Jänner noch war, kritisierte, dass die Hauptproduktionsstätte von Sodastream im Westjordanland liegt. Und zwar laut Oxfam auf von Israel illegal okkupiertem Gebiet.

„Das stimmt so nicht“, sagt Rinsche. Nach den Osloer Verträgen falle das Gebiet in die „Area C“, die unter israelischer Verwaltung stehe. Es sei nicht illegal, in dieser Zone eine israelische Firma anzusiedeln. Noch dazu, da in der Produktionsstätte nicht nur Israelis, sondern auch Palästinenser beschäftigt seien, und zwar zu gleichem Lohn.

Anders sieht das naturgemäß Oxfam: „Da geht es nicht um die 500 Palästinenser, die in der Firma arbeiten, sondern ums große Ganze. Die Firma befindet sich auf unrechtmäßig von Israel besetztem Gebiet, das den Palästinensern zusteht“, sagt Oxfam-Sprecher Matt Grainger zur „Presse“.

In der Rolle des Heilsbringers

Sodastream selbst sieht sich in der umfehdeten Region jedenfalls als Heilsbringer: „Wir sind der größte privaten Arbeitgeber in der Westbank, der einzige Lichtblick in der Region“, sagt Rinsche. Zwar sei das oberste Management israelisch, es gebe aber im Prinzip „totale Chancengleichheit“. Zudem sei Oxfam für seine propalästinensischen Positionen bekannt und unterstütze Organisationen wie die BDS, die zum Boykott israelischer Waren aufruft. Das weist Oxfam-Sprecher Matt Grainger entschieden zurück: „Wir unterstützen generell keine Organisationen, die zum Boykott israelischer Produkte aufrufen, auch nicht BDS.“ De facto arbeite Oxfam mit mehr zivilen palästinensischen Organisationen zusammen als mit israelischen, weil „auf der Seite am meisten Hilfe benötigt wird“.

So viel Aufregung um ein bisschen Sprudelwasser, das wird sich Scarlett Johansson nicht gedacht haben, als sie den Werbevertrag unterschrieb. Oder vielleicht doch? Johanssons Mutter stammt aus einer Familie polnisch-jüdischer Herkunft und Johansson gilt als sozial und politisch engagiert.

Geschadet hat die ganze Aufregung Sodastream nicht: Das Unternehmen ist seit drei Jahren der am schnellsten wachsende US-börsenotierte Konsumgüterhersteller und setzte 2012 weltweit 436 Mio. US-Dollar (320 Mio. Euro) um. Westeuropa gehört zu den Topmärkten. Im dritten Quartal 2013 ist der Umsatz dort um 43 Prozent auf 75 Mio. US-Dollar (55 Mio. Euro) in die Höhe geschnellt. In Österreich benutzen laut Unternehmensangaben zwölf Prozent der Konsumenten Sodastream-Sprudler, statt Flaschenwasser zu kaufen.

SODASTREAM-AFFÄRE

Politikum. Die Schauspielerin Scarlett Johansson wirbt in den USA für Sodastream. Sodastream ist ein US-börsenotierter israelischer Hersteller von Wassersprudlern. Eine der Produktionsstätten befindet sich im Westjordanland und beschäftigt Israelis und Palästinenser gleichermaßen. Die Firma stehe illegal auf besetztem Gebiet, kritisierte die NGO Oxfam. Johansson zog daraufhin ihre Funktion als Oxfam-Botschafterin zurück. [ EPA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2014)

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