Russland kauft sich Wegbereiter für den Gang in den Westen

Josef Ackermann
Josef Ackermann(c) APA/EPA/LAURENT GILLIERON
  • Drucken

Peter Löscher und Josef Ackermann knüpfen an eine erfolgreiche Tradition an. Aus den DAX-Konzernen raus, bei den Russen rein: Ganz so, als ob hinter jeder Tür einer aus Wladimir Putins Reich lauert.

Wien. Es ist erst ein paar Monate her, dass der Ex-Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, auch als Verwaltungsratspräsident der Zurich Insurance Group zurückgetreten ist. Beim Österreicher Peter Löscher, bis Sommer Chef von Siemens, hat sich der Wirbel über seine zweistellige Millionenabfindung noch nicht gelegt. Aber beide haben schon einen neuen Job – im Verwaltungsrat der Renova Management AG (RMAG) des russischen Multimilliardärs Viktor Wekselberg.

Aus den DAX-Konzernen raus, bei den Russen rein: Ganz so, als ob hinter jeder Tür einer aus Wladimir Putins Reich lauert. Wekselberg verkündete jedenfalls stolz, dass er „diese Gruppe von global erfahrenen Managern“ für Renova gewonnen hat. In der Tat halten russische Konzerne ständig Ausschau nach internationalen Topleuten. Zum Zukauf von Know-how komme der Versuch, die globale Vernetzung für sich zu nutzen, erklärt Susanne Dönitz, Partnerin beim Headhunter Alexander Hughes in Moskau, der „Presse“: „Im Fall von Wekselberg und Konzernen wie Gazprom, die in den Westen expandieren wollen, soll so auch die eigene Reputation gestärkt werden.“

In Reinkultur hat das Gazprom vorgezeigt, die mit dem deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder Lobbying auf höchstem Niveau betrieb und am Ende auch alle Widerstände gegen die Ostseepipeline Nordstream brach.

Wekselberg, der bei den Schweizer Firmen Sulzer und Oerlikon ursprünglich über seinen österreichischen Partner Ronny Pecik einstieg, spricht offen aus, dass die zugekauften Topmanager den Weg ebnen sollen: Sie würden den Fokus auf die nächste Phase der Entwicklung richten, die weiteres Wachstum und internationale Expansion beinhalten werde.

Siegfried Wolf als Vorreiter

Lobbying im Westen ist das eine. Managen in Russland das andere. In Personalunion verbindet das Ex-Magna-Manager Siegfried Wolf, der 2010 vom russischen Tycoon Oleg Deripaska geholt wurde, um in seinem Mischkonzern das Baugeschäft und die Autoproduktion auf Vordermann zu bringen. Wolf hat VW überzeugt, Autos für den russischen Markt auch in Deripaskas Hallen zu bauen. Vom staatlichen Bankriesen Sberbank wurde er später zum Aufsichtsratschef von Sberbank Europe berufen.

Dass sich russische – und zwar vorwiegend private – Unternehmen ausländische Manager holen, hat keine lange Tradition. Erst vor gut zehn Jahren begann man sich im Westen umzuschauen. Pionier war der damals reichste, später verhaftete und kürzlich freigelassene Russe Michail Chodorkowski, der für seinen Ölkonzern Yukos kurzerhand fast die ganze ausländische Mannschaft von Mars-Schokoriegel in Russland abwarb.

Waren vor der Krise Ausländer auch gesucht, weil russische Manager immer teurer wurden, so hat sich der Gehaltsunterschied wieder eingependelt. Zudem kommt eine teils im Westen ausgebildete russische Managergeneration im Alter von 30 bis 40 Jahren nun allmählich zum Zug. Ein großes inländisches Managervakuum besteht laut Headhunterin Dönitz im Segment zwischen 40 und 50 Jahren. „Diese Generation ist in den schwierigen 90er-Jahren teils aus- oder aus Existenzgründen in weniger anspruchsvolle Berufe abgewandert.“

Ausländer sind freilich auch in Bereichen gesucht, die in Russland wenig Tradition haben: Investmentbanking, schnell wachsende Finanzabteilungen, Retail bzw. Gastronomie, erklärt Anna Antonovsky von Kienbaum Executive Research in Moskau. Mittlerweile tue sich ein neues Feld auf, sagt Antonovsky: „Russen haben nur Erfahrung in einem Wachstumsmarkt. Jetzt, da der Konsum rückläufig ist, geht es um Effizienz. Und dafür braucht es Ausländer.“

Was diese sonst an Qualitäten nach Russland mitbringen müssen? „Durchsetzungsvermögen und die Bereitschaft, betriebliche Gegebenheiten nicht eigenmächtig umzustrukturieren“, sagt Dönitz: „Ach ja, und das Bewusstsein, zwar mit hoher Abfindung, aber schnell gefeuert werden zu können.“ Beides passierte Boris Nemsic, der 2009 von der Telekom Austria zur Vimpelcom ging und wenig später um einiges reicher wieder zurück in Österreich war.

ZUR PERSON

Der russische Oligarch Viktor Wekselberg hat sich mit Peter Löscher und Josef Ackermann zwei Topmanager in den Aufsichtsrat geholt, die ihm den Weg bei der Expansion im Westen ebnen sollen. Die Anheuerung von Lobbyisten hat bei den Russen freilich seit Jahren genauso Tradition wie die Abwerbung westlichen Managements nach Russland. Viele westliche Manager füllen ein Managervakuum, das sich in Russland in den 1990er-Jahren gebildet hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.