Ukraine: Raiffeisen und UniCredit schließen Filialen in Kiew

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Wegen der jüngsten Gewalteskalationen haben die Ukraine-Töchter Sicherheitspläne entwickelt. Die Angst vor einem Bank-Run wächst.

Wien. In der Ukraine haben Bank Austria und Raiffeisen Notfallpläne entwickelt und umgesetzt. Diese betreffen zunächst die Sicherheit der Mitarbeiter und der Kunden. Anfangs machte man nur die Filialen rund um den Unabhängigkeitsplatz dicht. Doch am Donnerstag wurden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Die Raiffeisen sperrte zu Mittag alle Filialen in Kiew zu und schickte die Mitarbeiter nach Hause. Auch am Freitag blieben die Filialen geschlossen. Die Bank Austria sperrte noch einen Teil der Filialen mit eingeschränkten Öffnungszeiten auf und machte alle vier UniCredit-Filialen in der Nähe des Unabhängigkeitsplatzes (Maidan) bis auf Weiteres dicht.

Die österreichische Uniqa-Versicherung verhängte zu Beginn der Krise ein internes Reiseverbot für die Ukraine. Kein Mitarbeiter aus Österreich darf mehr nach Kiew fliegen. Schon am Mittwoch ordnete die Uniqa an, dass in Kiew alle Kundenbüros und die Zentrale geschlossen werden. Die Kunden werden telefonisch über ein Callcenter betreut. „In Kiew sind kaum noch Autos auf den Straßen. Auch die U-Bahn wurde eingestellt“, sagte ein Uniqa-Sprecher.

Österreichs Banken sind Big Player

Daneben bemühen sich die Banken, dass trotz der Unruhen der Geldkreislauf nicht zusammenbricht. Wichtig ist, dass auch die Niederlassungen und Bankomaten in entlegenen Landesteilen mit genügend Geld versorgt werden. Österreichs Banken und Versicherungen sind in der Ukraine eine Großmacht. Allein die Aval-Bank, die Tochter der Raiffeisen Bank International, ist in der Ukraine mit 800 Filialen und 13.000 Mitarbeitern vertreten. Auch die Bank Austria kommt in der Ukraine auf ein Geschäftsvolumen von 3,3 Milliarden Euro und 435 Niederlassungen. Glück hat die Erste Bank, die sich im Vorjahr aus dem Land zurückgezogen hat.

Wie dramatisch die Lage ist, zeigt ein Appell der Notenbank in Kiew. Diese warnt vor einem Bank-Run, einem Ansturm der Kunden auf die Banken. Ihor Sorkin, Chef der Notenbank, rief alle Bürger auf, „dem Bankensystem zu vertrauen und die Konten nicht zu räumen“. Viele Ukrainer befürchten, dass ihre Sparguthaben bei den Banken nicht sicher sind.

Schwerwiegende Folgen

Eskaliert die Lage, wären die Folgen für Raiffeisen und Bank Austria schwerwiegend. Wegen der Kämpfe schießen die Kosten für sogenannte Credit Default Swaps, mit denen sich Inhaber von ukrainischen Anleihen vor einem Staatsbankrott absichern, in die Höhe. Die Bank Austria hält ukrainische Staatsanleihen im Volumen von 220 Millionen Euro. Bei der Raiffeisen Bank International sind es 534 Millionen Euro.

Raiffeisen führt gerade Gespräche über einen Verkauf der Aval-Bank. Zunächst gab es zwölf Angebote. Einige Interessenten führen derzeit eine Due-Diligence durch. Das heißt, sie prüfen die Bilanzen der Aval-Bank. Doch wegen der Unruhen dürfte es für Raiffeisen nicht einfach werden, für die Aval-Bank einen guten Kaufpreis zu erzielen. Der Buchwert der Aval liegt bei 820 Millionen Euro. Spitzt sich die Lage zu, muss Raiffeisen die Ukraine-Tochter abwerten.

Immer mehr ausländische Institute verabschieden sich aus dem Land. Neben der Erste Bank zogen sich die deutsche Commerzbank und die Swedbank (Schweden) zurück. Dies hat auch wirtschaftliche Gründe: In keinem osteuropäischen Land kämpfen die Banken mit so vielen faulen Krediten wie in der Ukraine. Derzeit gibt es bei 30 Prozent aller Darlehen Rückzahlungsprobleme. Zum Vergleich: In Ungarn sind es „nur“ 19 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2014)

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