Ein Staat vor dem Crash: Alles blickt auf den Internationalen Währungsfonds

An armed man stands guard at the airport in Simferopol
An armed man stands guard at the airport in Simferopol(c) REUTERS
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Die Ukraine ist gewaltig verschuldet, die Staatskassen sind leer, Milliarden an Finanzhilfen sind verschwunden. Das Land hofft auf Rettung durch den IWF. Die westlichen Banken auch.

Auf vieles wird derzeit in der Ukraine wie gebannt geblickt. Vor allem aber auf den Besuch des Internationalen Währungsfonds (IWF) nächste Woche in Kiew. Sagt der IWF Hilfsgelder zu, wird sich die wirtschaftliche Situation fürs Erste einmal stabilisieren. Wenn nicht, breitet sich das Feuer auf dem Dach weiter aus.

Vor allem die Landeswährung Hrywnja, die seit Jahresanfang mehr als 30 Prozent abgewertet hat, würde wohl weiter absacken. Die Leute würden noch schneller ihr Erspartes abheben und in Devisen umwandeln. Und der Staat, aber auch private Kreditnehmer, hätten noch größere Probleme, ihre meist in Auslandswährungen nominierten Schulden zu bedienen. Es ist dieses Szenario, das die Banken fürchten. Sie waren ohnehin seit Längerem in Absprungposition. Seit die ukrainische Wirtschaft im Krisenjahr 2009 knapp 15 Prozent abgestürzt ist und seit sich mit Viktor Janukowitschs Amtsantritt 2010 seine Oligarchen überall hineingedrängt haben, suchen die meisten fremden Banken das Weite. Einige schafften den Absprung, andere sind gefangen. Nicht nur die westlichen wohlgemerkt, auch die – vorwiegend staatlichen – russischen.

Es geht um viele Milliarden Dollar

Dass alle auf den IWF starren, liegt auch darin begründet, dass Russland von versprochenen 15 Mrd. Dollar an Krediten nur ein Fünftel überwies. Der IWF freilich, der vor Jahren ebenfalls 15 Mrd. Dollar zugesagt, aber auch nur einen Teil ausbezahlt hat, wird neues Geld an klare Bedingungen knüpfen. Schon bisher fordert er, das Budgetdefizit zu reduzieren und die gestützten Tarife, vor allem für Gas, anzuheben.

Die neue Regierung hat das Volk auf eine harte Zeit eingestimmt. Sie sagte, das Land brauche 35 Mrd. Dollar. Verwirrung stiftet, dass im Regierungsprogramm 140 Milliarden Auslandsschulden genannt sind, was 80% des BIPs entspricht. In der Summe sind freilich Schulden der Betriebe inkludiert. Auf den Staat entfällt etwa die Hälfte davon, wobei davon die Hälfte im Inland aufgenommen wurde, der Rest im Ausland. Dass die Staatsverschuldung nach westlichen Maßstäben niedrig ist, macht die Sache nicht leichter: Laut Bloomberg sind heuer acht Mrd. Dollar fällig, 2015 neun Milliarden. Die Währungsreserven sanken aber allein im Februar von 17,8 auf 15 Mrd. Dollar. Und das Land fährt ein Leistungsbilanzdefizit ein: Ende 2013 waren es 8,9% des BIPs.

Dass die Währung vor diesem Hintergrund abwertete – wie vom IWF lange gefordert –, kann auch positiv gesehen werden, da dies den Export ankurbeln helfen könnte. Der Rest entscheidet sich nächste Woche: „Ich gehe davon aus, dass man sich mit dem IWF einigen wird“, sagt Dmitri Bojartschuk, Staatsschuldenexperte am Wirtschaftsforschungsinstitut CASE Ukraine.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2014)

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