Miele: "Wir investieren nur eigenes Geld"

INTERVIEW MIT MARKUS MIELE
INTERVIEW MIT MARKUS MIELEAPA/FRANZ NEUMAYR/MMV
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Markus Miele, Spross der deutschen Haushaltsgerätedynastie, findet, die Familie könne das Asset, aber auch der Untergang eines Unternehmens sein. Er musste sich einem strengen Auswahlverfahren stellen.

Der Name Miele steht für ursolides Unternehmertum und langlebige, hochpreisige Haushaltsgeräte. Markus Miele leitet seit 2004 das Familienunternehmen, das 1899 von seinem Urgroßvater Carl Miele gegründet wurde. Er hat Miele durch die Krise geführt. Aber ist das Geschäftsmodell in Zeiten, in denen billige Hersteller aus Asien auf den Markt drängen und die Kaufkraft in Südeuropa schwindet, überhaupt noch tragfähig?

Ich habe mir von einem Elektriker sagen lassen, dass bei der Toplader-Waschmaschine von Miele die Bottiche neuerdings aus Plastik sind. Macht Miele auch schon Abstriche bei der Qualität, um billiger herstellen zu können?

Markus Miele: Nein. Wir haben nach wie vor die gleichen Qualitätsanforderungen, die wir vor 20, 30 Jahren gehabt haben, nämlich 20 Jahre Lebensdauer. Bei den Topladern haben wir die Konstruktion umgestellt, das stimmt, das hatte aber interne Gründe, das würde jetzt den Rahmen etwas sprengen, würde ich das hier erklären.

Die Plastikteile machen die Produktion nicht billiger, damit Sie das Modell in Südeuropa günstiger verkaufen können?

Miele: Nein. Absolut nicht. Ein Blick auf das Preisschild zeigt ja auch, dass der Toplader bei Weitem nicht unser günstigstes Modell ist. Dass er sich zum Beispiel in Frankreich gut verkauft, liegt daran, dass die Franzosen die Waschmaschine im Bad haben. Da muss das Gerät schmäler sein. Der Toplader hat sogar noch zwei, drei Dinge dazubekommen, die der Vorgänger nicht hatte. Den Fahrrahmen zum Beispiel, um das Gerät leichter aus einer Nische hervorzuziehen.

Wie schaut der Markt für Miele in Südeuropa aus? Reagieren Sie auf die Situation, dass dort die Kaufkraft nachlässt?

Miele: Wir reagieren insofern darauf, als wir den Kunden noch besser erklären, dass ein Gerät, das 20 Jahre lebt, aber nicht doppelt so teuer ist, ein guter Kauf ist. Aber es gibt natürlich Marktsituationen, wie aktuell Griechenland, die nicht schön sind. Da sind wir jetzt im vierten Jahr dabei, Umsatz abzugeben. In Spanien und Portugal sind wir nach schwierigen Jahren aber erstmals wieder dabei zu wachsen.

Und Sie würden nicht so weit gehen, dort ein Billigmodell anzubieten, für diejenigen, die sich nichts Besseres leisten können?

Miele: Nein. Das passt nicht zu unserer Philosophie. Wir haben einen klassischen Aufbau vom Einsteigermodell bis zum Topgerät mit allen Features. Die Geräte verkaufen wir aus Deutschland in alle Länder mit dem gleichen Preis.

Ist es nicht so, dass vor allem das Geschäft in Deutschland, das ja ein Drittel des Umsatzes von Miele ausmacht, das schlechte Geschäft anderswo ausgleicht?

Miele: Im Moment ja, die Konjunktur ist in Deutschland gut, das ist in den letzten zwei, drei Jahren so gewesen. Aber von 2003 bis 2005, das waren auch in Deutschland schwierige Jahre. Da haben uns die Kollegen aus dem Ausland geholfen. Das Wichtige ist, dass wir international kontinuierlich wachsen. Australien, die USA, Russland wachsen derzeit hervorragend. Insgesamt bin ich deshalb wieder optimistisch.

Wie sehen die Marktanteile von Miele in Österreich aus?

Martin Melzer (Miele-Österreich-Chef):Österreich ist mit 20 Prozent weltweit das Land, in dem Miele die höchsten Marktanteile hat. Es gibt keine Bevölkerung, die Miele so schätzt wie die Österreicher.

Es gibt für die europäischen Hersteller von weißer Ware zunehmend Konkurrenz aus China, Japan, Südkorea. Sehen Sie sie als Bedrohung?

Miele: Klar, Wettbewerb ist immer eine Bedrohung, aber er belebt auch das Geschäft. Wir haben ja nie als Einzige Waschmaschinen produziert. Schon 1899, als Miele gegründet wurde, gab es Konkurrenz. Carl Miele und Reinhard Zinkann haben in einem Markt angefangen, auf dem es schon über 30 Buttermaschinenhersteller gab. Sie haben ja mit einem Bottich angefangen, in dem Milch mit Luft vermischt wurde. Und er ist nach zwei Jahren etwas größer gemacht worden, und das waren dann die ersten Waschmaschinen.

In Österreich ist gerade ein ziemlicher Wirbel um ein Familienunternehmen, Baumax. In Deutschland haben auch einige Familienunternehmen Probleme, wie Dr. Oetker. Verfolgen Sie das, geht Ihnen das nahe?

Miele: Ja klar, den einen oder anderen kennt man ja auch persönlich. Ich glaube, Vor- und Nachteil eines Familienunternehmens ist die Familie. Wenn sie sich einig ist, ist das ein unheimliches Asset, ist sie sich nicht einig, kann das zur Auflösung des Unternehmens führen.

Das war nicht das Problem der Familie Essl.

Melzer: Da ist die Finanzierungsstruktur ein Riesenunterschied zu Miele. Baumax scheitert gerade am Fremdkapital, das für die Osteuropa-Expansion verwendet worden ist.
Miele: Dadurch, dass wir immer nur unser eigenes Geld investieren, schauen wir uns das vorher gut an, wenn wir eine neue Vertriebsgesellschaft starten. Wir kommen auch nicht jedes Jahr mit neuen Expansionsideen, das ist ein langfristiger Plan.

Was würden Sie einem Familienunternehmen raten, das vor der Übergabe steht, vor einem Generationenwechsel?

Miele: Wir haben das so geregelt, dass wir einen normalen Selektionsprozess haben. Familienmitglieder müssen sich also bewerben, auch ich musste mich bewerben. Wir haben außerdem einen Externen, eine Personalberatung, die da auch noch einmal daraufschaut, damit man sicher ist, dass derjenige, der nachfolgt, kann, aber auch will bzw. will, aber auch kann. Beides ist wichtig. Dann gibt es auch noch eine Präsentation vor dem Familienrat.

Ist das nicht ein enormer Druck für Sie, wenn Ihnen die Familie ständig über die Schulter schaut?

Miele: Der Druck wäre da, wenn man sich nicht auf die Leute und die Strukturen verlassen könnte. Ich habe immer dann keinen Druck, wenn das Team, mit dem ich arbeite, funktioniert.

Miele führt gerade die größte Produktoffensive in der Unternehmensgeschichte durch.

Miele: 2013 haben wir 80 Prozent der Produktpalette gewechselt und einen dreistelligen Millionenbetrag investiert.


Warum gerade jetzt?

Miele: Wir haben einige Features gesehen, bei denen wir sagen, die Kunden tendieren in diese Richtung. Etwa das M-Touch-Display, das jetzt so ähnlich wie ein Smartphone funktioniert.

Die Leute wollen wischen.

Miele: Ja, aber das Wischen ist nicht das einzige Thema. Es geht darum, viele Optionen zu haben. Bei einem Herd zum Beispiel kann man schnell an Automatikprogramme kommen, wenn man nicht so viel Ahnung vom Kochen hat. Ein Kochprofi kann aber auch exakt 165 Grad Oberhitze einstellen.

Ein Trend bei Haushaltsgeräten ist die Vernetzung. Ist es wirklich nötig, dass ich mit meiner Waschmaschine auch mein Garagentor bedienen kann?

Miele: Wir sehen im Moment nicht die „Killerapplikation“, für die alle Kunden ihre Geräte austauschen würden. Aber manches hat schon Sinn. Die Verbindung von Kochfeld und Dunsthaube zum Beispiel. Beim Kühlschrank, der automatisch Essen nachbestellt, bin ich ein bisschen skeptisch.

Steckbrief

Markus Miele, Jahrgang 1968, studierte Wirtschaftswissenschaften in Karlsruhe, promovierte an der Universität St. Gallen und arbeitete als Controller bei der Hella KG, bevor er 1999 ins Familienunternehmen einstieg. Seit 2004 leitet er Miele in vierter Generation.

Bilanz. Im Geschäftsjahr 2012/2013 erzielte Miele 3,15 Milliarden Euro Umsatz, einen Zuwachs von 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Miele-Gruppe beschäftigt weltweit 17.251 Menschen, davon 10.379 in Deutschland.

Gesprächsreihe.Markus Miele war am Mittwoch im Rahmen der miele//Stuben21:gespräche zum Thema Nachhaltigkeit in Wien.
www.stuben21.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2014)

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