Verkehr: EU-Parlament stoppt Gigaliner

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Mit klarer Mehrheit haben die EU-Abgeordneten den grenzüberschreitenden Verkehr von überlangen Lkw abgelehnt. Reisebusse dürfen künftig schwerer werden.

Straßburg. Zurück an den Start hieß es am gestrigen Dienstag für die EU-Kommission im Zusammenhang mit den sogenannten Gigalinern: Das Plenum des Europaparlaments lehnte mit überwältigender Mehrheit einen Vorschlag von Verkehrskommissar Siim Kallas ab, der den grenzüberschreitenden Verkehr von überschweren Lastkraftwagen in jenen EU-Mitgliedsländern erlaubt hätte, in denen die Fahrzeuge bereits für den Straßenverkehr zugelassen sind. 606 Europaabgeordnete stimmten mit Nein, lediglich 54Parlamentarier unterstützten den Kommissionsvorschlag.

Bei den Gigalinern handelt es sich um Trucks mit einem Maximalgewicht von 60 Tonnen – so viel wiegt eine voll beladene Boeing 737 – und einer Länge von bis zu 25 Metern. Aus der Perspektive von Spediteuren hat der Einsatz von Gigalinern einen wirtschaftlichen Reiz – ein Fahrzeug könnte deutlich mehr Fracht befördern als bisher. Innerhalb der EU kommen übergroße Lkw vor allem in Nordeuropa zum Einsatz, mittlerweile gibt es auch einige Versuchsstrecken in Deutschland und den Niederlanden.

Der bisherige Aktionsradius der Gigaliner lässt zugleich auf ihre Problematik schließen: Wo die Landschaft flach und die Straße gerade ist, gibt es mit überlangen Lkw nämlich kaum Probleme. In kurvenreichen Berggebieten schaut die Sache aber anders aus – und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass in Österreich die Front der Ablehnung besonders breit war: Schätzungen zufolge hätte man hierzulande 5,5 Milliarden Euro in die Hand nehmen müssen, um Tunnel zu verbreitern und Brücken zu verstärken, damit Gigaliner freie Fahrt hätten – für den ÖVP-Europaabgeordneten Hubert Pirker ein „volkswirtschaftlicher Unfug“. Bedenken Nummer zwei: Durch ihre ökonomische Attraktivität würden Gigaliner dem Schienengüterverkehr das Wasser abgraben– und die von der EU gewünschte Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ad absurdum führen.

Mit dem gestrigen Votum bleibt der grenzüberschreitende Einsatz von Riesen-Lkw verboten. Dort, wo sie bereits heute eingesetzt werden – beispielsweise zwischen Finnland, Schweden und Dänemark sowie zwischen Irland und Großbritannien (wobei hier lediglich die Vorschriften bezüglich der Maximalhöhe der Fahrzeuge überschritten werden) –, wird diese Praxis weiter geduldet. Woraus sich aber kein Anspruch auf einen Grenzverkehr in anderen EU-Ländern ableitet, wie der SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried betont hat. Er hat federführend an der Entscheidung des Europaparlaments mitgewirkt.

Absicherung für Österreich

Für Österreich ist das ein besonders wichtiger Punkt, denn sollten Deutschland und Italien eines Tages auf Gigaliner umsatteln, würde die Regierung in Wien über kurz oder lang innerhalb der EU unter Druck geraten, die Alpentransitrouten für Großlaster zu öffnen.

Dazu wird es vorerst einmal nicht kommen: Bevor die Brüsseler Behörde einen neuen Anlauf zur Reform der Richtlinie über die Maße und Gewichte von Lkw unternimmt, soll sie dem Europaparlament bis 2016 eine detaillierte Kosten-Nutzen-Studie zum europaweiten Einsatz der Gigaliner vorlegen. Was die umwelt- und sicherheitstechnischen Aspekte des Kommissionsvorschlags anbelangt, gab das EU-Parlament hingegen grünes Licht: So sollen die Lkw unter anderem künftig aerodynamischer geformt sein, um den Treibstoffverbrauch zu senken. Ebenfalls durchgesetzt hat sich im Plenum der Vorschlag, das erlaubte Gesamtgewicht von Reisebussen von derzeit 18 auf 19,5 Tonnen anzuheben – begründet wurde dies mit Neuerungen bei der Sicherheitsausstattung sowie Maßnahmen für den Komfort der Reisenden – etwa Rampen für gehbehinderte Personen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2014)

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