Das Russland-Risiko der österreichischen Banken

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Russland, Banken(c) APA/EPA/YURI KOCHETKOV (YURI KOCHETKOV)
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Österreichs Banken sind nach den neuesten Statistiken viel stärker in Russland engagiert als bislang angenommen. So schuldet Russland den heimischen Instituten knapp 50 Milliarden Euro.

Wien/Moskau. Seit Wochen geistern unterschiedliche Zahlen über das Russland-Engagement der österreichischen Banken herum. Dies hängt mit der Intransparenz und Geheimniskrämerei der Aufsicht zusammen. Eigentlich müsste die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel einen genauen Überblick über die internationalen Zahlungsströme haben. Die BIZ gilt als die „Bank der Zentralbanken“ und veröffentlicht dazu jedes Quartal einen detaillierten Bericht. Aus diesem geht normalerweise hervor, wie stark ein Land bei den Banken eines anderes Landes verschuldet ist.

In dem jüngsten Bericht finden sich alle möglichen Daten über Österreichs Finanzwirtschaft. So wird beispielsweise veröffentlicht, dass private und öffentliche Schuldner aus Armenien in Summe 64 Millionen US-Dollar bei österreichischen Banken geliehen haben. Auch der Gesamtbetrag der Schuldner aus Aserbaidschan (198 Millionen Dollar) und Bangladesch (sieben Millionen Dollar) werden genannt. Doch die Daten zu Russland fehlen. Die Gründe dafür sind unklar.

Die BIZ in Basel bezieht die Angaben normalerweise von den nationalen Notenbanken. Warum die österreichische Nationalbank der BIZ keine Zahlen zu Russland genannt hat, ist ebenfalls unklar.

Österreich auf Platz eins?

Auch in den vergangenen BIZ-Berichten scheinen dazu keine Angaben auf. Andere EU-Länder sind hier nicht so geheimnisvoll. „Die Presse“ hat am Montag die Nationalbank mehrmals gebeten, Zahlen über das Russland-Geschäft der österreichischen Banken bekannt zu geben. Bis zu Redaktionsschluss lag keine Antwort vor. Tatsächlich dürften die Russland-Aktivitäten der Wiener Banken größer sein als bislang angenommen.

Der deutschen „Welt“ ist es nun gelungen, einen genauen Überblick über Russlands Gläubiger zu bekommen. Demnach sind private und öffentliche Schuldner aus Russland mit 194 Milliarden US-Dollar bei europäischen Finanzkonzernen verschuldet.

Auf Platz eins liegen die französischen Banken mit 54 Milliarden Dollar. Dann kommen die österreichischen Finanzinstitute mit 52 Milliarden Dollar (37,6 Milliarden Euro), gefolgt von den italienischen mit 30 Milliarden Dollar und den deutschen Banken mit 22,5 Milliarden Dollar.

Doch tatsächlich dürfte Österreich auf Platz eins liegen. Denn die Bank Austria ist eine Tochter des italienischen UniCredit-Konzerns. Sie wird daher in internationalen Statistiken Italien zugerechnet. Laut „Presse“-Informationen hat die Bank Austria in Russland Kredite im Ausmaß von zwölf Milliarden Euro vergeben.

Inklusive der Bank Austria stehen damit private und russische Schuldner bei Österreichs Banken mit 49,6 Milliarden Euro in der Kreide. Kommt es zu einem Wirtschaftskrieg zwischen dem Westen und Russland, wären Österreichs Banken am stärksten betroffen. Eskaliert die Lage, könnte sich Russland weigern, Kredite bei westlichen Instituten zu tilgen.

Sanktionen sind nicht leistbar

Die engen Verflechtungen zwischen Russland und den europäischen Banken zeigen, dass sich die Europäische Union einen Wirtschaftskrieg gegen Russland nicht leisten kann. Stellen der Kreml und russische Großkonzerne ihre Zahlungen ein, wären nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen Ländern wie Frankreich, Italien und Deutschland neue Rettungspakete für die Finanzbranche notwendig.

US-Präsident Barack Obama tut sich dagegen relativ leicht. Obama tritt bekanntlich für härtere Sanktionen gegen Russland ein. Das Engagement der US-amerikanischen Banken in Russland ist mit 35 Milliarden US-Dollar (25 Milliarden Euro) allerdings vergleichsweise gering.

Für Österreichs Banken war Russland in der Vergangenheit ein sehr guter Boden. Die Raiffeisen Bank International (RBI) erzielte im Vorjahr einen Vorsteuergewinn von 835 Millionen Euro. Davon steuerte die Tochterbank in Russland 615 Millionen Euro bei. RBI-Chef Karl Sevelda warnte daher zuletzt vor einem „Sanktionswettlauf“. Da gäbe es für alle Seiten nur Verlierer.

Sehr gut läuft es auch für die Bank Austria in Russland. Von dort stammte zuletzt ein Viertel des Betriebsergebnisses. Laut Nationalbank-Chef Ewald Nowotny sei die Situation in Russland für Österreichs Banken „sehr sensibel“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2014)

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