Europa hält Gazprom über Wasser

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Gazprom(c) REUTERS
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Gazprom verdiente 2013 in Europa außergewöhnlich gut. Der Konzerngewinn ging trotzdem deutlich zurück. Nun fürchtet Gazprom Sanktionen und warnt vor Lieferengpässen.

Wien. Unter einem schlechteren Stern ist die Präsentation des Konzernergebnisses von Gazprom kaum je gestanden. Zum Gaskonflikt mit der Ukraine kommt die Gefahr von Sanktionen seitens des Westens. Beides schwebe wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen, bekennt der weltweit größte Gaskonzern in seiner Präsentation der Zahlen für 2013. Sanktionen gegen das Unternehmen könnten „einen wesentlichen negativen Einfluss auf Tätigkeit, Finanzlage und Ergebnisse ausüben“, heißt es. Gazprom verkaufe einen bedeutenden Teil seiner Produktion in Europa und kaufe dort Industrieanlagen ein. Um das Risiko abzufedern, wolle man das Geschäft in Ostasien entwickeln.

Europa sorgt vor

Im Übrigen alarmierte Gazprom am Dienstag angesichts der Ukraine-Krise Europa: Störungen der Gaslieferungen könnten auftreten, wenn es zu weiteren Streitigkeiten mit der Ukraine komme, die wegen ihrer Gasschulden und wegen des Gaspreises mit Russland im Clinch liegt. Auffällig ist, dass Europa vorzusorgen beginnt. Laut Citi Research hat Gazprom den Export im April um zwei Prozent gesteigert, die Europäer hätten vorige Woche die ungewöhnliche Menge von 4,3 Mrd. Kubikmeter (knapp die Hälfte des österreichischen Jahresverbrauchs) zusätzlich in die unterirdischen Speicher gepumpt. Die Analysten erklären das teils mit der Angst vor Lieferstopps.

An der Börse, die Gazproms nun selbst beschriebene Anfälligkeit ahnte, wurde der Konzern schon seit Ausbruch der Ukraine-Krise abgestraft, sodass das KGV nur noch knapp über zwei liegt. Sollte der Konflikt im Verhältnis zwischen Russland und anderen Staaten eskalieren, so Gazprom am Dienstag, könnte das eine deutliche Verbilligung des Aktienkurses auslösen und die Aufnahme von Kapital an den ausländischen Finanzmärkten unmöglich machen.

Europa zahlt

Vor diesem Hintergrund und vor der Tatsache, dass die Ratingagentur S&P am Montag Gazproms Kreditrating in ausländischer Währung herabgestuft hat, teilte Gazprom gestern zwar eine Umsatzsteigerung, gleichzeitig aber auch einen Gewinnrückgang für 2013 mit.

Unterm Strich stieg der Umsatz um zehn Prozent auf 5,25 Bio. Rubel, der Überschuss hingegen ging auf 1,14 Bio. Rubel (23 Mrd. Euro) zurück – ein Minus von sieben Prozent gegenüber 2012. Dabei lief das für Gazprom lukrative Europageschäft (inklusive Türkei) so gut wie seit 2008 nicht. Um über 14 Prozent auf 1,68 Bio. Rubel stieg hier der Umsatz. 174,3 Mrd. Kubikmeter wurden verkauft – um 15,4 Prozent mehr als 2012.

Damit hat Gazprom seine dominante Stellung in Europa untermauert (30 Prozent Marktanteil).

Kein Geschäft bei Nachbarn

Was Gazprom aber zu schaffen macht, ist der Verkauf in die benachbarten Ex-Sowjet-Staaten. Diese müssen je nach politischer Loyalität nun tiefer in die Tasche greifen – am meisten die Ukraine. Daher kauften diese Staaten 2013 nur 59,4 Mrd. Kubikmeter bei Gazprom zu – um zehn Prozent weniger als 2012.

Das schlug finanziell ein Loch, schließlich fiel Gazproms Umsatz in diesen Staaten um 20 Prozent auf 420,3 Mrd. Rubel. Das Gasgeschäft trägt übrigens nur 56 Prozent zum Gazprom-Umsatz bei. Den Rest bestreiten Öl, Ölprodukte und Strom.

Entscheidend für den Konzern wird der Mai. Zuletzt hatten Vertreter des Unternehmens und der russischen Regierung die Hoffnung genährt, dass es nach einem Jahrzehnt Verhandlungen im Mai zum Liefervertrag mit China kommt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2014)

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