Audi-Vorgängerfirma beutete in NS-Zeit Zwangsarbeiter aus

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Nur das nahe Kriegsende verhinderte einen noch umfänglicheren KZ-Häftlings-Einsatz bei der Auto Union, so eine von Audi in Auftrag gegebene Studie.

Auch das Audi-Vorgängerunternehmen Auto Union hat zur Zeit des Nationalsozialismus Tausende Zwangsarbeiter ausgebeutet. Zu diesem Ergebnis kommt eine von Audi selbst in Auftrag gegebene Untersuchung zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, die der "Wirtschaftwoche" vorliegt. Ein Audi-Sprecher bestätigte den Bericht am Sonntag auf dpa-Anfrage.

Die Studie kommt dem Bericht zufolge zu dem Schluss, dass sich das Audi-Vorgängerunternehmen "aus kriegswirtschaftlichen Interessen heraus in einem skandalösen Maße in den KZ-Komplex einbinden" ließ. Nach dem Zusammenschluss mit dem NSU-Motorenwerk wurde die Auto Union 1985 in Audi umbenannt.

Untertagefabrik für Autoproduktion errichtet

Die SS hatte sieben Konzentrationsaußenlager für Auto Union eingerichtet, in welchen mehr als 3700 KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter ausgebeutet wurden. Weitere 16.500 Zwangsarbeiter, die nicht in Konzentrationslagern interniert waren, hätten ebenfalls für Auto Union in den sächsischen Standorten Zwickau und Chemnitz gearbeitet. Rund ein Viertel der Häftlinge seien Juden gewesen.

Im Lager Leitmeritz, einem Außenlager des bayerischen Konzentrationslagers Flossenbürg im oberpfälzischen Landkreis Neustadt an der Waldnaab, seien weitere Tausende KZ-Häftlinge beim Bau einer Untertagefabrik eingesetzt worden. Laut Studie "steht die moralische Verantwortung" des Auto-Union-Managements "für die Zustände in Leitmeritz, wo 18.000 KZ-Häftlinge eingesetzt wurden, von denen 4500 den Tod fanden, außer Frage".

Audi setzt auf Aufklärung

Gemessen an der Zahl von insgesamt 50.000 Konzern-Mitarbeitern sei der Anteil der Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge bei der Auto Union vergleichsweise hoch gewesen, heißt es weiter in dem Bericht. "Nur das nahe Kriegsende verhinderte einen noch umfänglicheren KZ-Häftlings-Einsatz. Entsprechende Planungen lagen bereits vor."

Audi will dem Bericht zufolge auf noch lebende Zwangsarbeiter zugehen. Vor gut einer Woche habe der Konzern entschieden, auf die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg zuzugehen. "Wir setzen auf Aufklärung", betonte Audi-Chef Rupert Stadler in der "Wirtschaftswoche". Audi-Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch äußerte sich "sehr betroffen über das Ausmaß der Verstrickungen der damaligen Auto-Union-Führung in das System der Zwangsarbeit und Sklavenarbeit". Der Berliner Historiker Wolfgang Benz, Experte für die NS-Zeit und die Geschichte der Konzentrationslager, begrüßte die Aufarbeitung, auch wenn sie spät komme. "Besser spät als nie", sagte Benz.

Dem Bericht zufolge kommt die Studie mit dem Titel "Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto Union AG Chemnitz im Zweiten Weltkrieg" an diesem Montag in den Buchhandel. Verfasst wurde sie von dem Audi-Historiker Martin Kukowski und dem Chemnitzer Geschichtsprofessor Rudolf Boch.

>> Bericht in "Wirtschaftswoche"

(APA/dpa)

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