Florida als Vorbild für Griechenland

Paul Achleitner
Paul Achleitner(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Die Krise ist noch nicht überwunden, meint der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Paul Achleitner.

Wien. Der in Linz geborene Paul Achleitner ist einer der mächtigsten Manager Europas. Er schaffte es an die Spitze des Aufsichtsrats der Deutschen Bank. Achleitner tritt selten in der Öffentlichkeit auf. Am Mittwoch machte er eine Ausnahme und sprach in Wien bei einer von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) moderierten Veranstaltung. Angekündigt wurde ein Referat über die „Herausforderungen für die Bankenlandschaft“.

Doch tatsächlich sprach Achleitner über allgemeine Trends der Zukunft. Seinen Worten zufolge werde die Arbeit künftig dort hinziehen, wo die Besten und die Billigsten sind. Europa müsse dies als Chance sehen und sich unter anderem bemühen, die Besten anzuziehen. So soll sich Griechenland an Florida orientieren. „Von dreißig, vierzig Jahren gab es in Florida nichts außer schönes Wetter“, sagte Achleitner. Dann wurde in Florida die Infrastruktur ausgebaut, immer mehr Firmen siedelten sich an. Heute gehöre Florida zu den dynamischsten Regionen der USA.

„Warum ziehen so viele Deutsche nach Mallorca?“, fragt Achleitner. Auch hier gebe es eine Kombination von schönem Wetter und guter Infrastruktur. Mallorca verfüge über einen Flughafen, von dem man täglich alle wichtigen europäischen Städte erreiche. Auch er, so Achleitner, habe in Mallorca ein Haus. Dank der Digitalisierung ist es möglich, dass viele an verschiedenen Orten ihrer Arbeit nachgehen können.

„Sind noch im Krankenhaus“

Als weitere große Herausforderung nannte Achleitner das sogenannte Deleveraging, gemeint ist der Abbau von Schulden. Doch das werde nicht einfach werden. Denn schließlich sei jahrzehntelang über die Verhältnisse gelebt worden. 2008 stand man im Zuge der Finanzkrise vor dem Herzinfarkt. Heute befinde man sich zwar nicht mehr auf der Intensivstation, aber noch immer im Krankenhaus.

Die Zentralbanken behandeln den Patienten laut Achleitner mit Methadon und anderen Entzugsmitteln – damit meint er die massiven Finanzspritzen der Zentralbanken. Doch es sei notwendig, dass man sich von diesen Entzugsmitteln löse, sagt der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank. Der Abbau der Schulden werde dazu führen, dass man künftig mit weniger Kapital auskommen müsse. Im Gegensatz dazu steige aber die Weltbevölkerung. Vor allem in Asien, insbesondere in China, wollen immer mehr Menschen in den Mittelstand aufsteigen. Auch steige die Lebenserwartung.

Wer rettet die Banken?

Was die Finanzwirtschaft betrifft, meinte der Oberkontrollor der Deutschen Bank, dass es keinen Nachweis gebe, dass die Banken die Zinsen tatsächlich manipuliert haben. Gerade die Deutsche Bank war hier zuletzt unter Beschuss geraten.

Doch angesichts der massiven Kritik haben es die Banken laut Achleitner schwer, die Öffentlichkeit vom Gegenteil zu überzeugen. Die Finanzinstitute haben an Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Mit der „Too big to fail-Diskussion“ kann Achleitner indes wenig anfangen. Als too big to fail (zu groß, um zu scheitern) bezeichnet man unter anderem Banken, die so groß sind, dass sie vom Steuerzahler gerettet werden müssen. Achleitner sagte, man müsse ihm zunächst einmal erklären, warum auch immer wieder kleine Banken gerettet wurden.

Sowohl in Deutschland als auch in Österreich fing der Steuerzahler im Zug der Finanzkrise kleinere Institute auf. Viele fragen sich, ob diese Institute tatsächlich systemrelevant waren. (höll)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.