In der Wirtschaft ist der Krieg der Farben ausgebrochen

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Subtext. Gelb, Rot und Blau sind Fälle fürs Gericht. Um ihr Revier zu markieren, machen Unternehmen auch vor Farben nicht mehr halt.

Wer sich darauf einstellt, dass er sich am Ende des Textes grün und blau ärgern wird, sollte vielleicht vorab bei seinem Anwalt nachfragen, ob das noch gefahrlos möglich ist. Denn um ihr Revier zu markieren, machen die Unternehmen auch vor Farben nicht mehr halt.
So klagt der Langenscheidt-Verlag, bekannt für seine gelben Wörterbücher, den Konkurrenten Rosetta Stone vor dem deutschen Bundesgerichtshof. Grund: Auch der Rivale umhüllt seine Sprachlernsoftware gern mit gelbem Papier. 2010 hat sich Langenscheidt die Signalfarbe jedoch exklusiv gesichert. Die Verbraucher seien daran gewöhnt, dass gelbe Wörterbücher von Langenscheidt sind, so die Argumentation. Die bunten Hüllen der Konkurrenz seien nur arglistige Täuschungen der Konsumenten.

Einen ähnlichen Kampf trägt Oberbank-Chef Franz Gasselsberger aus. Gegner sind die deutschen Sparkassen. Die verwenden nämlich, wie die Oberbank oder die spanische Banco Santander, die Farbe Rot für ihre Logos und Werbungen. Um den deutschen Markt zu entern, müssten die beiden ausländischen Banken Farbe wechseln, setzten die Sparkassen vor Gericht durch. Die dachten nicht daran und haben ihrerseits auf Löschung der Farbschutzmarke beim Patentamt geklagt.

Als hätte die Finanzbranche keine anderen Probleme, streiten sich die Banken also seit Jahren darum, wer an seine Kunden nun rote Ballons verteilen darf. Dabei könnte man meinen, dass Farben allen gehören. Im Markenrecht ist das anders: Am Donnerstag urteilte der EuGH, dass eine Farbe durchaus schützenswert sein kann. Aber nur dann, wenn die Mehrheit der Bevölkerung die Farbe mit dem Unternehmen assoziiert.

Die deutschen Sparkassen verwenden Rot (genauer den Farbton HKS 13) seit 1972, seit 2007 ist er geschützt. Doch das allein reicht nicht. Entscheidend ist, wie stringent ein Unternehmen die Farbe als Marke einsetzt. So ist etwa Lila in unseren Breitengraden untrennbar mit Milka-Schokolade verbunden. Das ebenfalls klassische Nivea-Blau ist hingegen nicht schützenswert, da es Nivea-Produkte auch in allen anderen Farben gibt. Ein allzu buntes Angebot zahlt sich also nicht aus.
Es wird nicht lang dauern, bis ein Unternehmen auf die begnadete Idee kommt, sich die komplette Farbpalette schützen zu lassen, um die Rivalen ins schwarz-weiße Abseits zu stoßen. Die Angst vor grauen Tagen unter dem globalen Farbmonopolisten ist aber unbegründet. Selbst wenn sich eine Firma alle Farben der Welt sichern würde, tabu wären sie nur für die Konkurrenz. Der Rest der Welt darf bunt bleiben.

matthias.auer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2014)

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