Zahltag: USA lässt die Banken büßen

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USA HOLDER BANK OF AMERICA(c) APA/EPA/JIM LO SCALZO
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Hypotheken-Geschäfte. Mit riskanten Finanzwetten trieben Geldhäuser die Weltwirtschaft fast in den Ruin. Kritiker zweifeln, dass die hohen Strafen das System verbessern werden.

Washington. „Wir sind hier, um einen historischen Schritt nach vorne anzukündigen, der die amerikanischen Bürger vor Finanzbetrug schützen wird“, sagte US-Justizminister Eric Holder, als er am Donnerstag die Rekordbuße über fast 17 Mrd. Dollar (12,8 Mrd. Euro) für die Bank of America verkündete. Die Bank of America wurde nicht zum ersten Mal zu hohen Geldbußen verdonnert – und sie ist in guter Gesellschaft. Auch JPMorgan Chase und britische sowie Schweizer Banken mussten wegen diverser Vergehen, vorrangig aber dubiosen Hypothekengeschäften, tief in die Tasche greifen.

Holders Ziel ist ehrenhaft – aber wird die Finanzwelt durch die massiven Beträge eine bessere? Selbst in der Mafia sei die Moral höher als an der Wall Street, sagte der ehemalige Pate der New Yorker Colombo-Familie, Michael Franzese, jüngst dem TV-Sender CNBC: „Ich traue diesen Typen nicht.“ Er müsse es wissen, so der Ex-Clanchef, habe er doch über Jahre im großen Stil Geschäfte mit ihnen gemacht.

Faule Papiere

Deals mit der Mafia waren es nicht, die der Bank of America die höchste Strafe einbrachten, die je einem Unternehmen von der US-Regierung aufgebrummt wurde. Allerdings dürften die Geschäfte, für die das Riesengeldhaus büßt, wirtschaftlich gesehen einen viel heftigeren Schaden angerichtet haben. Investmentbanker hatten in einer unheilvollen Allianz mit Eigenheimfinanzierern und Ratingagenturen eine Art Kettenbrief-System aufgebaut, bei dem Pakete mit faulen Hypothekenpapieren rund um den Globus geschickt wurden. Das ging so lange gut, bis der US-Häusermarkt zusammenbrach. Dann musste die öffentliche Hand für den Exzess gerade stehen.

Jetzt ist Zahltag: Die Regierung holt sich zurück, womit sie die Banken 2008 vor dem Kollaps gerettet hat. Damals wurden die Finanzinstitute mit Steuergeld in dreistelliger Milliardenhöhe vor der Pleite bewahrt, um den Totalabsturz der Weltwirtschaft zu verhindern.

Die US-Behörden zeigen sich bei der Bestrafung der Banken nicht zimperlich. Allerdings belassen es die Regulierer bisher bei Geldstrafen, und auch die sind nur auf den ersten Blick horrend. Nach Berechnungen des „Wall Street Journal“ haben internationale Großbanken in den USA bislang Bußen in Höhe von rund 125 Mrd. Dollar wegen dubioser Hypotheken-Deals gezahlt. Das ist aber nur etwa die Hälfte dessen, was die Tabakindustrie Ende der 1990er-Jahre an Schadensersatz für kranke Raucher aufbringen musste.

Manager nicht belangt

Vielen Kritikern stößt zudem übel auf, dass trotz der extremen volkswirtschaftlichen Schäden, die die Fehlspekulationen verursacht haben, so gut wie nie Manager oder Angestellte persönlich in die Haftung genommen wurden. Auch beim jetzt beschlossenen Vergleich der Bank of America ist das so.

Das Geldhaus muss 9,65 Mrd. Dollar an das Justizministerium zahlen. Weitere sieben Milliarden sollen über Kompensationen an überschuldete Eigenheimbesitzer gehen, denen die Zockereien zum Verhängnis wurden. Das kommt die Bank teuer zu stehen, die Strafe entspricht etwa den Profiten der letzten drei Jahre.

Ob die Geldstrafen die US-Bankenindustrie aber wirklich dauerhaft schmerzen, bleibt dahingestellt. Trotz aller Skandale und Milliardenbußen verdienen die Institute nämlich prächtig. Im zweiten Quartal nahmen die Geldhäuser unter dem Strich 40,24 Mrd. Dollar ein, wie das New Yorker Analysehaus SNL Financial berechnet hat. Sie liegen damit nur knapp unter dem 23-Jahres-Hoch aus dem Auftaktquartal 2013. (DPA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2014)

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