Schafft Griechenland die Wende?

(c) EPA (Karl-Josef Hildenbrand)
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Erstmals nach 24 Quartalen Rezession soll es im Herbst ein leichtes Wachstum geben. Die unter Druck stehende Regierung stellt Steuererleichterungen in Aussicht.

Athen. Die EU gab sich zu Jahresbeginn zuversichtlich. Das krisengebeutelte Griechenland, das vor fünf Jahren mit seiner Bankrotterklärung das Kartenhaus Europa zum Wanken brachte, soll heuer mit einem Wachstum von 0,6 Prozent aus der Rezession kommen, lautete die Brüsseler Prognose. Angesichts der jüngsten Zahlen, wonach die Wirtschaft in der Eurozone im zweiten Quartal stagnierte, ist die Annahme fast zu optimistisch.

Jetzt bekräftigt die Regierung in Athen den Aufwärtstrend. „Wir hoffen, dass wir im dritten Quartal die erste Phase eines leichten Wachstums sehen“, sagte Finanzminister Gikas Hardouvelis am Samstag. Ein Plus in den Monaten Juli bis September wäre das erste Wachstum nach 24 Quartalen Rezession seit dem Jahr 2008. Auch Analysten gehen davon aus, dass das dritte Quartal die Wende bringen wird.

Hardouvelis führte unter anderem wachsende Einnahmen aus dem Tourismus und eine Stabilisierung der Verbraucherausgaben für die positive Entwicklung an. Im zweiten Quartal ist die griechische Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,3 Prozent geschrumpft.

Heizölsteuer soll sinken

Für den griechischen Premier Antonis Samaras ist das Schlimmste überstanden. Er sieht das Krisenland wieder auf Wachstumskurs. Deshalb stellte Samaras den vom Sparkurs geplagten Griechen Steuererleichterungen in Aussicht, darunter eine Senkung der Heizölsteuer um 30 Prozent. Die Erhöhung dieser Steuer habe sich als ineffektiv erwiesen und zudem der Umwelt geschadet, da viele Griechen mit Holz geheizt hätten, weil sie sich kein Heizöl mehr leisten konnten, sagte Samaras am Wochenende. Auch ein Solidaritätsbeitrag von 650 Euro für alle Freiberufler soll spürbar sinken.

Samaras gibt sich auch beim Schuldenabbau optimistisch: Die Schulden seien in absoluten Zahlen schon jetzt leicht rückläufig, sagte der Regierungschef. Wenn die Wirtschaft wieder anziehe, werde sich dies auch auf das Verhältnis der Staatsschulden zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) auswirken.

Die Regierung von Samaras muss bei der krisengeplagten Bevölkerung punkten: Denn bis spätestens Februar muss vom Parlament ein neuer Staatspräsident gewählt werden. Die dafür nötige Drei-Fünftel-Mehrheit hat Samaras nicht, was Neuwahlen zur Folge haben könnte. Das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken führt derzeit deutlich in allen Umfragen. Und dieses hat sich den Sturz des gesamten Sparprogramms auf seine Fahnen geschrieben.

Samaras ist auch international unter Druck: Denn die Geldgeber – die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds – müssen die Steuersenkungen genehmigen. Bei den Gesprächen zwischen der griechischen Regierung und der Troika Anfang September machte Athen klar, dass die Konsolidierungsziele nur mit Wirtschaftswachstum und Steuererleichterungen erzielt werden könnten. Faktum ist freilich auch, dass das von der Troika vorgegebene Spardiktat und die 240 Mrd. Euro schwere Hilfe nur wenig geholfen haben. Griechenland sitzt weiterhin auf einer Schuldenlast von 320 Mrd. Euro, was 180 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht. Dagegen nimmt sich der erreichte Primärüberschuss (ohne Zinslast) im Haushalt mager aus.

Weitere Hilfszahlungen?

Experten gehen deshalb davon aus, dass das Land im Süden nach Ablaufen der europäischen Hilfszahlungen zu Jahresende (der IWF soll noch bis 2016 zahlen) weitere Unterstützung brauchen dürfte. Joachim Scheide vom Kieler Institut für Weltwirtschaft plädiert deshalb für einen weiteren Schuldenschnitt. Und zwar eher von 50 als von zehn bis 20 Prozent, wie er jüngst im Gespräch mit der Deutschen Welle betonte. (DPA/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2014)

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