EuGH stärkt Billigfliegern den Rücken

Themenbild
Themenbild(c) imago
  • Drucken

Fluggesellschaften dürfen für aufgegebenes Gepäck eine Sondergebühr verlangen, urteilt der Europäische Gerichtshof.

Brüssel/Luxemburg. Viele europäische Urlauber dürften diesen Sommer am Abflugschalter eine unangenehme Überraschung erlebt haben: Beim Check-in wurde ihnen nämlich mitgeteilt, dass sie für ihre aufgegebenen Reisekoffer eine Zusatzgebühr entrichten müssen – und zwar unabhängig davon, ob das Gewicht des Gepäcks die zulässigen Limits überschreitet oder nicht. Diese – vor allem bei Billigfluggesellschaften beliebte – Praxis war nun der Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Und wie die Luxemburger Richter am gestrigen Donnerstag befunden haben, ist der Preisaufschlag für aufgegebenes Fluggepäck mit dem Recht der Europäischen Union sehr wohl vereinbar.

Ins Rollen gebracht wurde das Verfahren (Rechtssache C-487/12) im Jahr 2010 von einer Passagierin des spanischen Billigfliegers Vueling Airlines, die für ihre zwei Koffer auf der Strecke La Coruña–Amsterdam und retour einen Aufpreis von insgesamt 40 Euro entrichten musste – worauf sie bei der Konsumentenschutzbehörde von Galizien vorstellig wurde. Die Konsumentenschützer verdonnerten Vueling flugs zu einer Verwaltungsstrafe in der Höhe von 3000 Euro, die Airline legte Beschwerde ein, die Causa kam vors spanische Verwaltungsgericht – das in Folge den EuGH anrief, damit er überprüfe, ob die geltenden spanischen Konsumentenschutzbestimmungen mit dem im Unionsrecht verankerten Grundsatz der Preisfreiheit kollidieren.

Genau das ist nach Ansicht der Luxemburger Richter auch der Fall. Die spanischen Rechtsvorschriften, wonach Fluggesellschaften nicht nur zur Beförderung des Passagiers, sondern auch seines Gepäcks verpflichtet sind, sei nicht mit dem Unionsrecht unter einen Hut zu bringen. „Der für die Beförderung des aufgegebenen Gepäcks von Fluggästen zu zahlende Preis ist kein unvermeidbarer und vorhersehbarer Bestandteil des Preises für den Luftbeförderungsdienst“, heißt es im gestern veröffentlichten Urteil. Soll heißen: Die Aufgabe eines Koffers ist eine fakultative Dienstleistung, die von der Airline erbracht wird.

Und für diesen Zusatzdienst kann demnach eine Extragebühr kassiert werden. Fazit: „Die Beförderung von aufgegebenem Gepäck kann nicht als obligatorisch oder unerlässlich für die Beförderung von Fluggästen angesehen werden.“

Ausnahme Handgepäck

Anders stellt sich der Sachverhalt allerdings beim Handgepäck dar: Nach Ansicht des EuGHs ist es nämlich als „unverzichtbarer Bestandteil der Beförderung von Fluggästen“ anzusehen. Sofern Volumen und Gewicht des Handkoffers „vernünftigen Anforderungen“ entsprechen und die Sicherheitsbestimmungen erfüllen, darf seine Mitnahme mit keinen Zusatzkosten verbunden sein.

Der Europäische Gerichtshof verweist in seiner Urteilsbegründung explizit auf die Geschäftsstrategien der Billigflieger, die von jenen der etablierten Airlines abweichen: „So verfolgen heute mehrere Unternehmen ein Geschäftsmodell, das darin besteht, Flugdienste zum günstigsten Preis anzubieten. Im Rahmen dieses Modells sind die Kosten der Gepäckbeförderung als Bestandteil des Preises solcher Flugdienste ein bedeutendes Element.“ Außerdem sei anzunehmen, dass viele Fluggäste auf das Fluggepäck verzichteten, würde dies den Ticketpreis reduzieren.

AUF EINEN BLICK

Der Europäische Gerichtshof hält Zusatzgebühren für Fluggepäck für EU-rechtskonform. Vor allem Billigflieger würden ihr Geschäftsmodell danach ausrichten, Flugdienste zum günstigsten Preis anzubieten. „Im Rahmen dieses Modells sind die Kosten der Gepäckbeförderung als Bestandteil des Preises solcher Flugdienste ein bedeutendes Element“, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Mitnahme von Handgepäck darf aber nach Ansicht der Luxemburger Richter mit keinen Zusatzkosten verbunden sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

EU-Urteil: Airlines dürfen Gepäck-Gebühren verlangen

Für Handgepäck dürfen Billigfluglinien keine Zusatzgebühren kassieren - für den Rest allerdings schon, stellt der EuGH klar.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.