Speditions-Chef Krauter: „Diesel wird drei Euro kosten“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Stefan Krauter, Chef der Spedition Cargo-Partner, rechnet bis 2012 mit einer Verdoppelung der Treibstoffpreise und bedauert, dass grüne Vordenker zu Bremsern wurden.

Die Presse: Als Transportunternehmer sind Sie bestimmt auch für einen Preisstopp bei Treibstoff, wie es mancher Politiker jetzt im Wahlkampf verlangt?

Stefan Krauter: Fragen Sie mich das als Transportunternehmer oder als Vater von drei Kindern?

Kann man das trennen?

Krauter: Ich kann es nicht trennen. Aber ich gehöre zur aussterbenden Spezies der privaten Unternehmer und die denken ein wenig langfristiger als man das vielleicht in einem börsennotierten Unternehmen macht. Ich denke nachhaltig. Und das heißt, dass Effekte wie die globale Erwärmung eine nicht mehr zu leugnende Realität sind. Mir geht es nicht um die nächsten Quartalszahlen, sondern wie ich mein Geschäft in 20 bis 30 Jahren machen kann.

Das heißt konkret?

Krauter: Die Technologie muss sich grundlegend wandeln. Dafür brauchen wir aber das ökonomische Umfeld. Ein Schock, wie er beim Ölpreis derzeit zu sehen ist, trifft die Wirtschaft sehr hart. Wenn derartige Entwicklungen jedoch erkannt werden, hat die Wirtschaft eine unglaubliche Anpassungsfähigkeit.

Sie meinen also, dass die Preissteigerungen beim Erdöl grundsätzlich gut sind, da sie zu Änderungen bei der Anwendung von Öl führen?

Krauter: Die Geschwindigkeit der Steigerung ist an der Grenze des Erträglichen. Aber wir sind alle gut beraten uns auf ein höheres Energiepreisniveau einzustellen. Mein Unternehmen rechnet für das Jahr 2012 mit einem Dieselpreis von über drei Euro pro Liter.

Wie stellen Sie sich darauf ein?

Krauter: Es wäre unklug, das der Konkurrenz mitzuteilen.

Die gesamte Transportwirtschaft wird wohl reagieren müssen. Wird gleich viel, aber umweltfreundlicher, transportiert werden? Wird man in Zukunft manches überhaupt nicht mehr transportieren?

Krauter: Der größte Teil des Treibstoffs wird im Pkw-Verkehr verbrannt. Und beim Frachtverkehr wird wiederum sehr viel im Nahverkehr verbraucht. Hier wird man auch wenig machen können, da es unwahrscheinlich ist, dass die Supermärkte künftig von Pferdefuhrwerken beliefert werden. Der Lkw-Fernverkehr unter 500 Kilometer kann kaum auf die Bahn verlagert werden, weil es sich nicht rechnet.

Aber es gibt ja auch genügend Lkw, die von Polen nach Spanien fahren.

Krauter: Schlussendlich würde sich aber vielleicht ein halbes Prozent des CO2-Ausstoßes der Welt durch Verlagerungen von der Straße auf die Schiene einsparen lassen. Ich glaube trotzdem, dass gerade in Europa die Schiffstransporte entlang der Küsten stark zunehmen werden. Beispielsweise von Danzig nach Hamburg, oder von Holland in die Türkei.

Derzeit rechnet es sich, mit dem Lkw von Holland in die Türkei zu fahren.

Krauter: Das stimmt. Da tut der Dieselpreis noch nicht weh genug. Wo es sich rentiert, wird auf solch langen Strecken aber schon mit der Bahn gefahren. Doch hier kommen wir an die Grenzen der europäischen Nationalbahnen, wo es oft nicht so einfach ist, mit einer Lok von Österreich über Ungarn nach Rumänien zu fahren.


Das heißt, die Struktur der Bahnen ist schuld an ihrer fehlenden Wettbewerbsfähigkeit?

Krauter: Das ist ein Grund. Ein noch größerer ist, dass sie zu wenig Gleise hat. Aufgrund der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Personen- und Güterzügen bleibt für Letztere immer weniger Platz. Die Bahn müsste daher Gleise und Terminals bauen, bei denen von Lkw auf die Züge umgeladen werden kann. Allerdings wird sich kaum ein Bürgermeister – der wiedergewählt werden will – leicht breitschlagen lassen, so ein „Lkw-Wespennest“ auf seinem Gemeindegebiet errichten zu lassen. Wir sind heutzutage in einer Konkurrenz zwischen den lokalen und den globalen Grünen. Die Schrebergarten-Grünen verhindern, was dem Globus gut täte. Denken Sie nur mal, wie viele Millionen Tonnen CO2 wir in die Luft blasen, weil wir Hainburg nicht gebaut haben. Es ist schade, dass grüne Vordenker zu grünen Bremsern werden.

Muss man Umwelt zerstören, um die Umwelt zu erhalten? Gibt es nicht auch sinnlose Transporte?

Krauter: Den Transport allgemein zu reduzieren, widerspricht dem Trend der Globalisierung und der globalen Arbeitsteilung, die uns allen Wohlstand beschert.

Irische Butter kostet im Supermarkt gleich viel wie österreichische. Wo sind da die Transportkosten?

Krauter: Ich finde das Transport sehr billig ist. In 25 Jahren sind die Transportpreise nur um 20 Prozent gestiegen. Denn die Frächter haben sehr stark rationalisiert. Aber wir haben sicher nichts davon, wenn wir der Industrie durch hohe Preise das Leben schwer machen und die dann in Gebiete außerhalb der EU abwandern.

Aber ist es überhaupt sinnvoll, Butter quer durch Europa zu transportieren?

Krauter: Aus Umweltsicht sicher nicht. Aber die Frage ist, wie will man dieses Promille der wirklich sinnlosen Transporte herausfinden, ohne die 999 Promille sinnvolle Transporte zu stören.

Würden Sie auch die berühmten Nordseekrabben transportieren, die zum Schälen nach Marokko und dann wieder zurück nach Deutschland gebracht werden?

Krauter: Die sind sicher öfter zitiert worden, als einzelne Krabben nach Marokko gereist sind. Aber natürlich gibt es solche Transporte auch.

Ihr Unternehmen hat einen hohen Luftfracht-Anteil. Könnte man nicht gerade in diesem Bereich die Emissionen stark verringern?

Krauter: Wir könnten sehr gut mit Flugzeugen Waren transportieren, die nur 600 Stundenkilometer fliegen. Das würde auf der Strecke Shanghai-Wien die Flugzeit um fünf Stunden verlängern, im Gegenzug aber den Verbrauch wesentlich verringern.

Warum wird das nicht gemacht?

Krauter: Das hängt damit zusammen, weil die Flugzeuge primär für den Personenverkehr konstruiert werden. So wären Propellermaschinen wesentlich effizienter. Und daher muss sich die Branche mit neuen Technologien ändern.

Sie sponsern ja auch die Forschung am Turboprop-Antrieb. Stehen dahinter ökologische oder ökonomische Überlegungen?

Krauter: Ich tue es, weil ich es für richtig empfinde. So gesehen sind es ökologische Gründe. Langfristig ist es aber auch ökonomisch förderlich. Denn es ist nicht einzusehen, warum das Verbrennen von Ölprodukten auf der Straße so stark finanziell bestraft wird und in der Luft nicht. Ich bin dafür, dass Kerosin teurer wird, damit die Luftfahrtindustrie über neue Möglichkeiten nachdenkt.

Die AUA wird das gerne hören.

Krauter: Die AUA ist das typische Opfer eines Ölpreis-Schocks. Der würde nicht so stark ausfallen, wenn sich alle durch gleichmäßig steigende Preise darauf einstellen können.

ZUR PERSON: Der „Grüne“ Spediteur

[Clemens Fabry]■Stefan Krauter gründete Cargo-Partner 1983. Das Unternehmen konzentrierte sich von Anfang an auf Luft- und Seefracht.

Die 2000-Mitarbeiter-Firma mit Niederlassungen in 91 Ländern ist heute einer der größten heimischen Spediteure.

Der Vater von drei Kindern gilt als „grüner“ Spediteur, da er sich in öffentlichen Aussagen häufig für Umweltthemen stark macht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2008)

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