MOL wird feindliche Übernahme vorgeworfen

(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Kroatiens Opposition will Börsegang der Ölfirma INA statt dem geplanten Aktientausch mit den Ungarn.

AGRAM/WIEN (p. m.). Beim Abwehrkampf gegen die OMV wetterte der ungarische Gas- und Ölkonzern MOL monatelang gegen eine angeblich „feindliche“ Übernahme – jetzt bekommt er dasselbe aus Agram (Zagreb) zu hören. Der geplante Aktientausch mit der kroatischen Ölfirma INA komme einer feindlichen Übernahme gleich, sagte Ljubo Jurcic, Wirtschaftssprecher der oppositionellen Sozialdemokraten, laut Online-Version der Zeitung „Slobodna Dalmacija“ (Freies Dalmatien).

Während man in Agram gespannt auf die Entscheidung der kroatischen Finanzmarktaufsicht Hanfa wartet, kritisierte Jurcic Ministerpräsident Ivo Sanader: Dieser mache den Ungarn mit dem Aktientausch den Staatsanteil an INA gleichsam zum Geschenk. Denn der Deal verschaffe der Agramer Regierung keinerlei Einfluss auf die Treibstoffpreise, argumentierte Jurcic weit ausholend: Die diktiere der Weltmarkt.

Der Sozialdemokrat verstieg sich zu einer recht kapitalistischen Ansicht: Die Regierung wäre gut beraten, die staatlichen INA-Aktien an der Börse zu verkaufen. In diesem Fall wären bis zu 4000 Kuna (etwa 550 Euro) je Aktie zu erzielen, so Jurcic. Jeder Deal mit MOL bei einem Aktienpreis unter 3100 Kuna wäre ein Beweis für die behauptete feindliche Übernahme. INA notierte am Mittwoch bei Börsenschluss mit 2760 Kuna, um 1,85 Prozent tiefer als tags zuvor.

Sanader bezeichnete am Dienstag den Aktientausch mit MOL als wahrscheinlichste Form der INA-Privatisierung. Dazu hatte er sich schon im Juni bei einem Treffen mit seinem ungarischen Kollegen Ferenc Gyurcsány in Dubrovnik bekannt. Eines seiner wichtigsten Argumente: „Das Budget hat keinen Bedarf an Einnahmen aus einer INA-Privatisierung, und es wäre auch nicht gut, wenn das Geld ins Budget flösse.“ Man strebe eine Privatisierungsform an, die die Inflation nicht anheize, und die wäre der Aktientausch.

Auch Kroatiens Energiestrategie spricht laut Sanader für die MOL-Lösung: „Sollte der Aktientausch realisiert werden, könnte Kroatien über seine kleine Beteiligung an MOL Einfluss auf die Unternehmensleitung von MOL ausüben, und das kann teilweise auch seine eigene Energieunabhängigkeit sichern.“

MOL soll bereit sein, 1,2 Mrd. Euro für die INA-Aktien eines Kriegsveteranenfonds sowie den Streubesitz, insgesamt 31 Prozent, zu zahlen. Die Ungarn halten gegenwärtig 25 Prozent plus eine INA-Aktie. Das 2003 um 505 Mio. Dollar erworbene Paket dürfte jetzt etwa das Doppelte wert sein. Der kroatische Staat muss seine INA-Beteiligung von 44,8 auf 25 Prozent reduzieren, bevor der EU-Beitritt um 2011 Realität wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2008)

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