EU-Milliarden für Autoindustrie

(c) AP (Michael Probst)
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Kommissar Verheugen überlegt Kredite über 40 Mrd. Euro. Er betonte freilich, die EIB-Hilfe in die EU-Staaten müsste für Programme genützt werden, welche den EU-Klimazielen gerecht werden.

Brüssel. Die EU könnte der schwer angeschlagenen europäischen Autoindustrie demnächst mit Milliardenkrediten zu Hilfe eilen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) könnte der Branche gar 40 Milliarden Euro Kredite mit besonders niedrigen Zinsen zur Verfügung stellen, wenn sie Bedarf danach hat. Das signalisierte gestern, Mittwoch, der mächtige EU-Industriekommissar Günter Verheugen in Brüssel. Bei einem „Gipfel“ der Autoindustrie mit führenden EU-Institutionenvertretern hatte die Branche einen ebensolchen Bedarf angemeldet: Man werde 40 Milliarden Euro brauchen, um der internationalen Konkurrenz noch standzuhalten und nicht noch hunderttausende Arbeitsplätze zu gefährden, erklärte Christian Streiff, der Vorstandsvorsitzende des Dachverbandes der Europäischen Automobilhersteller (ACEA).

Davor hatte bereits die US-Regierung Milliardenkredite für die US-Autohersteller in Aussicht gestellt, die europäischen Produzenten drängten daher auf rasche EU-Hilfe. Seit Ausbruch der internationalen Finanzkrise verzeichnen sie massive Einbrüche bei den Exporten, insbesondere in die USA. Der Absatz soll so schlecht sein wie ein Jahrzehnt lang nicht mehr, so heißt es.

Vorreiter im Klimaschutz

Indem sich Verheugen eine breit angelegte EIB-Hilfe vorstellen kann, stellt er allerdings ein ureigenes Ziel der EU-Kommission in Frage, welches diese erst Anfang des Jahres im Auftrag der 27 EU-Staaten formuliert hat: Man wolle „Vorreiter“ im Klimaschutz weltweit sein, so lautete – und lautet offiziell noch immer – das Ziel der Staaten. Minus 20 Prozent CO2-Ausstoß sollen es bis 2020 sein, und die Autoindustrie solle dazu mit strengeren Grenzwerten beitragen: Ab 2012 sollen ihre Flotten nur noch im Schnitt 120 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Sonst drohen Geldstrafen – die am Ende mit EIB-Hilfe bezahlt werden könnten, befürchten nach dem Vorstoß Verheugens die Grünen im EU-Parlament. Sie lehnen eine Abkehr von den Klimazielen ab.

Verheugen betonte freilich, die EIB-Hilfe in die EU-Staaten müsste für Programme genützt werden, welche den EU-Klimazielen gerecht werden. Dazu zählt der Kommissar vor allem eine intensivere Forschung und Entwicklung von Autos, die kraftstoffeffizienter funktionieren. Außerdem stünde er hinter staatlichen Prämien für das Verschrotten von alten Pkw, von denen noch Millionen auf Europas Straßen seien, sowie hinter steuerlichen Anreizen für den Kauf von Neuwagen. Dies würde den CO2-Ausstoß massiv senken.

Die EU-Staaten müssen erst über das EIB-Paket entscheiden, auch die Details zu den Klimazielen wollen sie bis Jahresende festlegen. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein erklärte bereits, eine EIB-Hilfe müsste auch an österreichische Zulieferbetriebe gehen.

Auf einen Blick

40 Mrd. Euro an gering verzinsten Krediten könnte die EU nach einem Vorschlag von Industriekommissar Günther Verheugen an die europäische Autoindustrie vergeben. Die US-Regierung hat eine ähnliche Milliardenhilfe bereits gewährt.

Die CO2-Ziele der EU sollen aber dennoch bestehen bleiben. Das Geld soll vor allem in die Forschung für mehr Treibstoff-effizienz fließen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2008)

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