USA zwingen Schweiz zur Durchlöcherung der bisher äußerst strikten Bankendiskretion. EU macht Druck auf Österreich - und hat mit der Ostkrise jetzt ein starkes Druckmittel in der Hand.
Am Donnerstag wurde eine Bresche in den Schutzwall um das Schweizer Bankgeheimnis geschossen, am Freitag folgte der Generalangriff: Die US-Steuerbehörden wollen von der Schweizer Großbank UBS die Herausgabe der Bankdaten von 52.000 Amerikanern erzwingen, die sie verdächtigen, ihr Geld steuerschonend in der Eidgenossenschaft angelegt zu haben. Einen Tag zuvor hatte sich die UBS in einem aufsehenerregenden Vergleich bereit erklärt, die Daten von 300 amerikanischen Steuersündern herauszurücken.
Beobachter, selbst in der Schweiz, sind sich einig: Das ist das Ende der bisherigen Form des Schweizer Bankgeheimnisses. Und ein schwerer Schlag für den Finanzplatz: Denn dass die Eidgenossenschaft einen derart überdimensionierten Bankensektor hat, hängt auch damit zusammen, dass sie weltweit als sicherer Tresor für Vermögen gilt, von denen nicht immer jeder wissen muss.
Das „Einknicken“ der Schweiz vor den US-Behörden hat nun aber weitreichende Auswirkungen. Denn auch der EU ist die mangelnde Kooperation der Eidgenossen in Steuerfragen (gewöhnliche Steuerhinterziehung gilt nur als Verwaltungsdelikt, Daten darüber wurden ausländischen Behörden deshalb bisher strikt vorenthalten) ein Dorn im Auge.
Womit der Druck, dieses Steuersünderschlupfloch zu stopfen, stark zunehmen wird. Und damit geraten auch die letzten Bastionen des Bankgeheimnisses in der EU selbst ins Wanken. In der Gemeinschaft verweigern nämlich nur noch Luxemburg, Belgien und Österreich den Datenaustausch über Konten ausländischer Bürger.
Krise als Druckmittel
Wohl nicht mehr lange: Die EU-Kommission arbeitet gerade an einem Konzept, das das Bankgeheimnis in diesen drei Ländern für ausländische Kontoinhaber abschaffen würde. Inländer blieben weiterhin geschützt.
Das könnte sich jetzt stark beschleunigen, denn die globale Finanzkrise verschafft den Bankgeheimnisgegnern – der deutsche Finanzminister Steinbrück ist einer der vehementesten – jetzt starke Druckmittel: Wie berichtet, ist den Österreichern informell bedeutet worden, das von Wien forcierte (und von den heimischen Banken wohl auch benötigte) Osteuropa-Hilfspaket könnte schneller Zustimmung finden, wenn die Alpenrepublik im Gegenzug ihr Bankgeheimnis lockert.
Auf diese Art ist übrigens auch das Schweizer Bankgeheimnis de facto gekippt worden: Der schwer angeschlagenen Großbank UBS (sie musste von der Schweiz mit 68 Milliarden Franken vor dem Zusammenbruch bewahrt werden) war eine Klage angedroht worden, die sie möglicherweise in die Insolvenz getrieben hätte. Der Zusammenbruch der riesigen Bank hätte die Schweiz an den Rand des Staatsbankrotts gebracht.
Umleitung nach Singapur
In Österreich war von SPÖ, ÖVP und BZÖ am Freitag zu hören, man werde das Bankgeheimnis „mit Zähnen und Klauen verteidigen“. Zumindest so lange, wie es in der Schweiz und Liechtenstein gilt. In der Schweiz wird aber schon darüber diskutiert, das Bankgeheimnis für Ausländer zu lockern. Viele dieser Kunden sind von Schweizer Banken ohnehin schon in das „sicherere“ Südostasien weitergeroutet worden. An Tochtergesellschaften etwa in Singapur oder Brunei.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)