Dänemark nimmt Spitzen-Steuersatz auf 56 Prozent zurück

(c) Die Presse (Fabry Clemens)
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Die Steuerreform soll den Dänen „mehr Lust aufs Arbeiten machen“, wird aber allgemein kritisiert. Die linke Opposition meint wiederum, die Reform sei die „sozial schiefste seit Menschengedenken“.

Kopenhagen. Es sei „die größte Steuersenkung seit Einführung der allgemeinen Steuerpflicht“, jubelt die bürgerliche dänische Regierung. Zumindest für Besserverdiener stimmt das. Denn wichtigster Punkt der Steuerreform, für die sich die Regierung in der Nacht auf Montag die Unterstützung der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DF) sicherte, ist die Senkung des Spitzensteuersatzes: Von bisher 63 auf 56 Prozent.

Die Ambition der Regierung, mit der Reform den Dänen „mehr Lust aufs Arbeiten zu machen“, bleibt nach Ansicht von Kritikern unerfüllt. Daher kommt die Ablehnung von allen Seiten: Wirtschaftsverbände schelten die neuen Steuerregeln als unzureichend, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Die linke Opposition meint wiederum, die Reform sei die „sozial schiefste seit Menschengedenken“.

Ausgeglichen erst 2019

Künftig soll es in Dänemark nur noch zwei Steuersätze geben. Jahreseinkommen bis 55.000 Euro werden mit 41 Prozent besteuert, was über dieser Grenze liegt, wird um 56 Prozent beschnitten. Bisher hatte es drei Sätze von 43, 48 und 63 Prozent gegeben.

In der bürgerlichen Koalition hatten vor allem die Konservativen seit Jahren auf eine drastische Senkung der Spitzensteuersätze gedrängt. Niemand solle mehr als 50 Prozent seines Einkommens abliefern müssen, lautete ihr Slogan. Doch mit dieser Forderung konnten sie sich nicht gegen die Volkspartei durchsetzen, die mit Blick auf ihre Stammwähler lieber die niedrigen Einkommen entlasten wollte.

Die Opposition lehnt die Reform rundweg ab, womit das Ziel von Premier Rasmussen wohl nicht erreicht wird, ein Steuersystem zu schaffen, das über mehrere Wahlperioden hinaus hält.

Im Licht der Finanzkrise, die auch Dänemark in die Rezession trieb, wich Rasmussen auch von seinem Prinzip ab, dass Steuererleichterungen „Krone für Krone“ finanziert sein müssten. Die Senkungen gibt es bereits ab 2010, um den Konsum anzukurbeln. Die Finanzierung folgt aber erst später. Ausgaben und Einnahmen der Reform sollen 2019 ins Lot kommen.

Höhere Steuer auf Schokolade

Um das zu erreichen, werden ab kommendem Jahr die Steuerfreibeträge für Kreditzinsen, das Kilometergeld für die Fahrt zum Arbeitsplatz und der Steuerabzug für Gewerkschaftsbeiträge langsam reduziert. Für Unternehmen und Private werden die Energieabgaben angehoben, außerdem sollen unter anderem Zigaretten und Schokolade mit „Gesundheitsabgaben“ verteuert werden.

Die Reform sei sozial unausgewogen, kritisiert die linke Opposition. Einfache Lohnempfänger bekämen „ein paar hundert Kronen“, die durch die höheren Abgaben rasch aufgefressen würden, während „Bankdirektoren Hunderttausende“ einstreifen könnten, meint die sozialdemokratische Parteichefin Helle Thorning.

Liberale Vordenker sprechen von einer verpassten Chance. Das neue System sollte Ansporn für die Dänen sein, mehr zu arbeiten, um Engpässe auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen, wenn die geburtsstarken Nachkriegsjahrgänge in Pension gehen, und außerdem Dänemark attraktiv für ausländische Jobsuchende machen. „Die Nagelprobe lautet: Kann die Reform einen 35-jährigen US-Ingenieur mit zwei schulpflichtigen Kindern nach Kopenhagen locken?“, sagt der Industrielle Asger Aamund. „Die Antwort heißt ganz eindeutig: Nein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2009)

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