LuxLeaks: Juncker reagiert "gelassen und cool"

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EU. Der Kommissionspräsident war als ehemaliger Finanzminister und Premier Luxemburgs für die Steuerpolitik des Großherzogtums zuständig. Nun verweist er auf Wettbewerbsuntersuchungen seiner Kollegin Vestager.

"Gelassen und cool" – so hat der neue EU-Kommissionspräsident, Jean-Claude Juncker, nach Auskunft seines Sprechers auf die in mehreren internationalen Medien kolportierten Vorwürfe reagiert, wonach seine Heimat, Luxemburg, jahrelang Großkonzernen mit Rat und Tat zur Seite stand, wenn es darum ging, ihre Steuerlast zu verringern. Bei der Angelegenheit handle es sich um einen typischen Fall von Staatsbeihilfen, und dafür sei die dänische Wettbewerbskommissarin, Margarete Vestager, zuständig – die, so der Sprecher, voller Freude an die Arbeit gehen werde.

Inwieweit Junckers kolportierte Coolness echt ist oder nur gespielt, konnte nicht eruiert werden, denn der Kommissionschef trat am gestrigen Donnerstag nicht vor die Mikrofone. Für Gelassenheit gibt es eigentlich keinen wirklichen Grund, denn die Affäre hat das Zeug dazu, die Glaubwürdigkeit des Luxemburger Christdemokraten nachhaltig zu beschädigen.

Junckers Problem ist just sein politisches Vorleben, mit dem er sich im Europawahlkampf noch geschmückt hatte – der 59-Jährige hatte seit 1989 als Finanzminister und seit 1995 als Premier und Finanzminister in Personalunion die Geschicke Luxemburgs gelenkt, in dieser Funktion an allen wichtigen EU-Reformen mitgewirkt und sich als Chef der Euro-Gruppe gegen den Kollaps der Währungsunion gestemmt. Während er also auf der Brüsseler Bühne als überzeugter Europäer auftrat, arbeitete er zeitgleich in Luxemburg daran, das Großherzogtum zum internationalen Offshore-Finanzzentrum auszubauen. Die von der „Süddeutschen Zeitung“ kolportierten Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Während 1988 – ein Jahr vor dem Amtsantritt Junckers als Finanzminister – Luxemburger Fonds ein Vermögen von insgesamt 53 Mrd. Euro verwaltet hatten, waren es am Ende seiner Amtszeit als Premier im Jahr 2013 bereits drei Billionen Euro.

Brüsseler Brandschutzmauer

Junckers Verteidigungsstrategie besteht aus drei Elementen: Erstens versucht er, zwischen Vergangenheit und Gegenwart eine Brandschutzmauer hochzuziehen. Er spreche nicht für Juncker als ehemaligen Premierminister, sondern als EU-Kommissionspräsidenten, erklärte sein Sprecher. Das zweite Element besteht darin, die mediale Aufmerksamkeit von der lästigen Causa ab- und zum geplanten EU-Investitionspaket hinzulenken, das Juncker noch vor Weihnachten präsentieren will. Und zu guter Letzt wird bei der Brüsseler Behörde betont, alle etwaigen Verfahren gegen Luxemburg wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts würden sine ira et studio weitergeführt. Das Problem ist nur, dass viele der von Luxemburg angebotenen Steuertricks offenbar nach geltendem EU-Recht legal sein dürften.

Vieles hängt nun davon ab, wie Junckers sozialdemokratische Unterstützer im EU-Parlament mit den Neuigkeiten umgehen werden – denn der Kommissionspräsident ist im hohen Haus der Union auf die Unterstützung der Sozialdemokraten angewiesen, will er Gesetzesvorhaben durchbringen. Er erwarte sich Unterstützung bei dem Vorhaben, „die systematische Steuerflucht in Europa, sei es nach Luxemburg oder in andere Länder, sofort zu beenden“, ließ Parlamentspräsident Martin Schulz – Junckers wichtigster Ansprechpartner im Parlament – gestern per Aussendung wissen. (la)

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