Banken: Schuldenszenario relativiert Stresstest

File picture of a man walking past Deutsche Bank offices in London
File picture of a man walking past Deutsche Bank offices in London(c) REUTERS (LUKE MACGREGOR)
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Drei Studien zeigen, dass auch große europäische Finanzinstitute den Check nicht schaffen würden, wenn eine ab 2015 geltende Regel zur Verschuldung berücksichtigt wird.

Frankfurt/London. 25 europäische Banken sind beim Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) durchgefallen. Es wären deutlich mehr, wenn die EZB eine ab 2015 geltende Regel zur Verschuldung berücksichtigt hätte. Auch Kaliber wie die Deutsche Bank und BNP Paribas haben zu wenig Kapital, um eine Krise wie 2008 zu überstehen. Zu diesem Schluss kommen Experten von Keefe, Bruyette & Woods Inc. und dem Dänischen Institut für Internationale Studien. Einer dritten Studie des Centre for European Policy Studies zufolge würden Deutsche Bank und BNP Paribas auch diesen Check bestehen. 28 andere, die den EZB-Test schafften, müssten nachrüsten.

Die Regel schreibt Banken weltweit vor, Eigenkapital von drei Prozent ihrer Bilanzsumme vorzuhalten. Sie ergänzt die Vorschriften zum risikogewichteten Kapital. Hätte die EZB dies angewandt und nur Kapital der höchsten Güteklasse zugelassen, müssten zwölf der größten Banken Europas, die den Stresstest bestanden, 66 Mrd. Euro zusätzliches Kapital beschaffen, sagt Jakob Vestergaard, Forschungsleiter des dänischen Instituts. „Es reicht nicht aus, sich auf risikogewichtete Messgrößen zu verlassen. Es ist immer das, was wir nicht für riskant halten, das uns in einer Krise um die Ohren fliegt“, sagt Vestergaard. „Die EZB wollte sich hart geben, konnte aber aus politischen Gründen nicht zeigen, dass deutsche und französische Banken unterkapitalisiert sind.“

Die EZB hat zwar die Verschuldungsquoten für die Banken angegeben, hat sie aber im Negativszenario des Stresstests nicht berücksichtigt. Eine EZB-Sprecherin sagte dazu, dass die europäischen Banken die Höchstverschuldungsquote erst ab 2015 angeben müssen.

Laut EZB-Stresstest liegen 14 Banken, so auch die Deutsche Bank, unterhalb der Minimalanforderung von drei Prozent. Drei weitere verfehlten das Ziel, nachdem festgelegt wurde, wie viele ihrer Kredite notleidend sind. Den unabhängigen Studien zufolge hätten aber knapp dreimal so viele Institute an der Drei-Prozent-Verschuldungshürde scheitern müssen.

Die EZB argumentierte, die Einbeziehung der Verschuldungsquote könne in die Irre führen, weil die Notenbank unterstellte, dass die Bilanzen sich in den nächsten drei Jahren nicht ändern würden. Diese Annahme würde aber andere Testergebnisse ebenso beeinflussen und sei damit kein Grund, eine einfache Verschuldungsquote im Bezug zur Gesamtbilanz nicht heranzuziehen, kontert Vestergaard.

Eine Studie der Bank von England aus 2012, bei der 100 Banken weltweit sowie 8500 US-Geldhäuser aller Größen untersucht wurden, zeigt, dass die einfache Verschuldungsquote ein zuverlässigerer Indikator für künftige Schieflagen von Banken ist als eine Quote, die Risikobewertungen berücksichtigt. Die Banken argumentieren, eine Vorgabe für eine Schuldenobergrenze, die Risken nicht berücksichtige, vereinfache zu stark.

Wenn sich Banken zu viel fremdfinanzieren, können sie schon bankrott gehen, wenn der Wert ihrer Bilanzposten geringfügig fällt. Eine Bank mit einem Kapital, das zwei Prozent der Bilanzsumme entspricht, könnte schon bei einem Preisrückgang um zwei Prozent in Schieflage geraten.

Die zu geringe Kapitaldecke der Banken hemme die Bemühungen im Euroraum zur Ankurbelung des Wachstums, sagt Alberto Gallo, Leiter europäische Makro-Kreditanalyse bei Royal Bank of Scotland Group. Selbst wenn die Banken überleben, sind viele zu schwach, um wieder Kredite an Verbraucher und Unternehmen zu vergeben. Während in den USA das Bilanzproblem durch Schuldensanierung und Zwangsversteigerungen von Häusern gelöst wurde, stünden in Europa faule Kredite weiter in den Bilanzen. (Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2014)

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