Trotz Ölpreis-Sinkflug keine Hoffnung auf billigere Flüge

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Trotz des stark gefallenen Ölpreises senken die Fluglinien die Ticketpreise nicht. Vor allem in Europa stehen die Airlines in starkem Wettbewerb – und der schwache Euro macht den Kostenvorteil fast zunichte.

Als ein Fass Öl 140 Dollar gekostet hat – und das ist gar nicht so lange her –, hat der Ölpreis neben Terror, Krieg und Seuchen als einer der „apokalyptischen Reiter“ gegolten. Er war also die Zerstörungskraft, die die Luftfahrt ins Mark trifft. Jetzt liegt der Ölpreis mit rund 60 Dollar je Barrel um 40 Prozent unter dem Niveau vom Jahresanfang. Für die Reisenden ist das ein handfestes Argument, dass die aufgrund des harten Wettbewerbs ohnedies niedrigen Ticketpreise weiter sinken. Nicht nur Konsumentenschützer, die deutsche Regierung selbst richtete einen entsprechenden Appell an die Fluglinien. Schließlich werden Passagiere seit nunmehr gut zehn Jahren wegen stetig steigender Öl- und damit Kerosinpreise mit Kerosinzuschlägen zur Kasse gebeten.

Der Wunsch dürfte sich aber nicht (so schnell) erfüllen. Auch wenn der Ölpreis im kommenden Jahr weiter sinkt. Dabei ist die Ausgangslage gar nicht so schlecht: Der Weltluftfahrtverband IATA hat kürzlich die Gewinnprognose für die Fluggesellschaften für 2014 von 18 auf 19,9 Mrd. Dollar hinaufgeschraubt und geht für 2015 von 25 Mrd. Dollar aus. Der Grund für den Optimismus: der billige Sprit und die Erholung der Weltwirtschaft.

Die Rechnung der IATA fällt allerdings regional gesehen sehr unterschiedlich aus. Während nordamerikanische Airlines mit einer Gewinnmarge von acht Prozent die mit Abstand profitabelsten sind und die Gesellschaften in Asien und dem Mittleren Osten ebenfalls gut verdienen, liegen in Europa die Gewinnmargen mit 1,8 Prozent auf einem homöopathischen Niveau.

Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: In keiner anderen Region der Welt gibt es so viele Airlines – und so viele Billigairlines – wie in Europa. Während in Nordamerika Marktkonsolidierung und Fusionen nur eine Handvoll große Gesellschaften übrig gelassen haben, besitzt jedes europäische Land – auch gegen jegliche ökonomische Vernunft – eine nationale Fluglinie. Diese „Saurier“ – an vorderster Stelle die AUA-Mutter Lufthansa, AirFrance/KLM sowie British Airways/Iberia – kämpfen mit rigorosen Sparprogrammen und neuen Geschäftsmodellen gegen die Billigen wie Ryanair und Easyjet. Das gelingt ihnen aber nur marginal.

Da die Ticketpreise aufgrund des scharfen Wettbewerbs ohnedies schon niedrig sind, denken die europäischen Fluglinien nicht daran, sie noch mehr zu senken. Zumal sie viel in die Flottenerneuerung investieren müssen, um nicht nur beim Komfort, sondern vor allem bei steigenden Umweltstandards auf dem letzten Stand zu sein. Moderne Flugzeuge sparen allerdings auch Treibstoff.

Zudem erweist sich die weltweit gängige Absicherung (Hedging) gegen einen Ölpreisanstieg nun als Bumerang. Wenn der Ölpreis rasch fällt, zahlen die Airlines wegen der auf lange Sicht geschlossenen Hedgingverträge drauf. Da die Absicherung bisher viel Geld gespart hat, dürften die Airlines jetzt ihre Hedging-Strategie nicht gleich ändern.

Zudem wirkt sich der schwache Euro negativ aus, da Kerosin weltweit in Dollar abgerechnet wird. Bei der AUA fielen die Treibstoffkosten in den ersten drei Quartalen deshalb nur um 1,4 Prozent, bei der Lufthansa verbilligte sich die Spritrechnung nur um 4,9 Prozent. „Wichtig ist nicht der Ölpreis, sondern sind die Kosten von Treibstoff in Euro“, sagt dazu Stephen Furlong vom Aktienhandelshaus Davy Stockbrokers. Die Ausgaben für Jetfuel belaufen sich bei Airlines im Branchenschnitt auf ein Drittel der Gesamtkosten.

Nicht zuletzt droht Europa, das die vergangene Wirtschaftskrise kaum richtig verdaut hat, erneut eine Flaute. Schon jetzt ist das Geschäft in Russland und der Ukraine eingebrochen. Eine Rezession würden die Fluglinien wieder gewaltig zu spüren bekommen, vor allem bei den lukrativen Businessclasstickets. Denn die Unternehmen dürften bei Dienstreisen – wie schon 2009 – den Rotstift ansetzen.

„Die Ticketpreise werden nicht fallen, sie werden weniger stark steigen“, brachte AUA-Sprecher Peter Thier die Situation kürzlich auf den Punkt. Aktuell liegt der Kerosinzuschlag zwischen 15 und 50 Euro im Europa-Verkehr und zwischen 80 und 230 Euro auf der Langstrecke. Einst als Rechtfertigung „erfunden“, um den Kunden Preistransparenz zu demonstrieren und zu zeigen, dass man selbst nicht an der Verteuerung schuld sei, erweist sich der Zuschlag jetzt als Klotz am Bein. Allerdings ist die Abgabe für Passagiere im Ticketpreis nicht auf den ersten Blick zu erkennen, denn es wird nur der Endpreis ausgewiesen. Seit Anfang des Jahres versteckt sich bei der Lufthansa-Gruppe der Treibstoffzuschlag im sogenannten Internationalen Zuschlag (International Surcharge). In diesem sind alle Steuern und Gebühren gebündelt, die im Ticketpreis enthalten sind.

Der für seine knalligen Sprüche bekannte Ryanair-Chef Michael O'Leary spricht wahrscheinlich vielen Reisenden aus der Seele, wenn er meint: „Wenn die Ölpreise steigen, sind sie (die Fluglinien, Anm.) immer ganz schnell im Erhöhen der Kerosinzuschläge, aber wenn der Ölpreis fällt, extrem langsam. Das ist Abzocke.“ Gerade die Ryanair ist aber besonders erfinderisch, wenn es gilt, jeden Handgriff extra zu verrechnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2014)

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