Versicherungen: Mehr Katastrophen, weniger Schäden

(c) REUTERS (BEAWIHARTA)
  • Drucken

Die Zahl der weltweiten Naturkatastrophen hat 2014 weiter zugenommen. Die Schäden sind – nicht zuletzt dank besserer Vorbereitung – jedoch deutlich zurückgegangen.

Wien. 2014 war ein gutes Jahr – zumindest für die internationale Versicherungswirtschaft. Denn obwohl die Zahl der dokumentierten Naturkatastrophen im Vorjahr von 920 auf 980 angestiegen ist – und somit auch deutlich über dem Zehnjahresdurchschnitt von 830 liegt – gingen die Schäden zurück. Werte im Ausmaß von 110 Mrd. US-Dollar (93 Mrd. Euro) wurden laut den am Mittwoch veröffentlichten Zahlen des weltweit größten Rückversicherers, der Munich Re, dabei vernichtet – 31 Mrd. Dollar davon waren versichert.

Damit liegt auch die Schadenssumme nicht nur unter der des Jahres 2013 (140 Mrd. Dollar) und unter dem inflationsbereinigten Zehnjahresschnitt (190 Mrd. Euro), sondern sogar unter dem inflationsbereinigten Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre, der bei 130 Mrd. Euro liegt. Aber nicht nur Sachwerte waren geringer betroffen, auch die Zahl menschlicher Opfer fiel deutlich kleiner aus – mit 7700 Todesopfern liegt das Jahr 2014 nach Angaben der Münchener weit hinter dem Jahr 2013 (21.000 Tote) und dem Zehnjahresschnitt (97.000).

Doch warum gab es 2014 weniger Schäden und Todesopfer, obwohl die Zahl der gezählten Katastrophen zugenommen hat? Zwei Faktoren waren laut den Münchnern dafür entscheidend: So gab es einerseits eine unterdurchschnittliche Hurrikansaison im Nordatlantik infolge einer „entstehenden El-Niño-Phase“ (zyklischen Veränderungen der Passat-Winde und daher infolge der Wassertemperaturen im Pazifik, die das Wetter auf der ganzen Welt beeinflussen). Andererseits sind auch in Dritte-Welt-Ländern die Frühwarnsysteme besser ausgebaut worden, weshalb sich die Menschen früher in Sicherheit bringen können und auch ihr Hab und Gut besser gegen Beschädigung absichern.

Frühwarnsysteme in Indien

Ein Beispiel für diese besseren Vorkehrungen ist die größte Naturkatastrophe des vergangenen Jahres, der Zyklon Hudhud in Indien. Dieser traf am 12. Oktober bei der indischen Hafenstadt Visakhapatnam – einer Wirtschaftsmetropole mit zwei Millionen Einwohnern – an Land. Er hatte dabei Windgeschwindigkeiten von mehr als 190 Kilometern pro Stunde und brachte zum Teil Regen von mehr als 120 Litern pro Quadratmeter in 24 Stunden mit sich. Aufgrund der Warnungen des indischen Wetterdienstes hatten die Behörden jedoch eine halbe Million Menschen evakuiert und in sichere Unterkünfte gebracht. Die Zahl der Todesopfer belief sich schlussendlich auf 84 – eine laut Experten für eine Katastrophe dieser Art niedrige Zahl.

Die materiellen Schäden von Hudhud betrugen in Summe sieben Mrd. Dollar – versichert waren davon allerdings nur 530 Mio. Dollar. Daher scheinen weder der Zyklon noch die Überschwemmungen in Indien und Pakistan oder das Erdbeben im August in China mit über 600 Toten in der Liste der größten Versicherungsfälle auf. Diese werden von – weniger spektakulären – Wetterkapriolen in den Industrienationen dominiert, da in diesen Ländern naturgemäß deutlich mehr Sachwerte auch versichert sind. So war der teuerste Fall für die Versicherungswirtschaft der heftige Wintereinbruch im Februar in Japan, der Schäden in Höhe von 5,9 Mrd. Dollar verursachte, von denen 3,1 Mrd. auch versichert waren. Danach folgen Unwetter in den USA sowie Hagelschäden in Frankreich, Belgien und Deutschland im Mai und Juni 2014, die je knapp drei Mrd. Dollar an versicherten Schäden verursachten.

2015 wieder schlechter?

Dass sich heuer das gute Ergebnis des Vorjahres wiederholen wird, ist laut den Experten der Munich Re jedoch eher unwahrscheinlich. So bleiben zwar die Fortschritte bezüglich der Frühmeldesysteme aufrecht. Das Ausmaß der Naturkatastrophen dürfte mit dem Abklingen von El-Niño gegen Mitte des Jahres aber wieder zunehmen. Denn damit wird nicht nur die Dämpfung bei Hurrikans beendet, sondern es kommt auch zu einer deutlichen Zunahme bei Tornados.

Grundsätzlich dürfte der nach oben zeigende Trend bei den Schäden also weiter anhalten. Dieser habe laut einer Studie der London School of Economics aus 2012 jedoch noch nicht mit dem Klimawandel zu tun, sondern schlicht mit der Zunahme an Vermögen in den von Naturkatastrophen bedrohten Weltregionen. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.