Deutschland: Unternehmen in Aufbruchstimmung

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Der IFO-Index, der die Stimmung unter Deutschlands Unternehmen erhebt, steigt zum dritten Mal in Folge. Experten glauben, dass 2015 wirtschaftlich besser wird als erwartet.

Berlin/Wien. Wirtschaft ist zu einem guten Teil Psychologie. Wenn alle negative Nachrichten verbreiten und die Stimmung schlecht ist, drückt sich das auch in den Wachstumszahlen aus. Sind die Menschen dagegen optimistisch, geht es früher oder später auch mit der Wirtschaft aufwärts. In Deutschland gibt es einen Index dafür, das Geschäftsklimabarometer des Instituts für Wirtschaftsforschung (IFO) – und er gibt Zuversicht. So guter Laune waren Führungskräfte in Deutschland lang nicht mehr.

Zum dritten Mal in Folge kletterte das IFO-Geschäftsklimabarometer im Januar nach oben (von 105,5 auf 106,7 Punkte). Der niedrige Ölpreis und der im Vergleich zum Dollar derzeit schwache Euro helfen der Industrie und dem in unserem Nachbarland besonders wichtigen Export. Nicht nur ihre aktuelle Lage bewerten die Firmen in der Umfrage besser als noch im Dezember, auch für die kommenden sechs Monate sind die Firmen zuversichtlicher.

Günstige Exporte in die USA

„Die Unternehmen waren merklich zufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Zudem blicken sie wieder mehrheitlich optimistisch auf die kommende Entwicklung. Die deutsche Wirtschaft startet gut ins neue Jahr“, meinte IFO-Chef Hans-Werner Sinn bei der Präsentation der Zahlen am Montag. Fachleute hatten das Plus erwartet. Allerdings spielten die Entscheidung der EZB für den umstrittenen Ankauf von Staatsanleihen und die Wahl in Griechenland noch keine Rolle, da sie für die Umfrage zu spät kamen.

Dennoch stehen die Zeichen auf Aufschwung. Steigt oder fällt das wichtige Stimmungsbarometer IFO-Index dreimal hintereinander, sprechen Fachleute von einer Trendwende.
Vor allem helfen gerade der exportorientierten deutschen Industrie die aktuellen Rahmenbedingungen. „Die Exportwirtschaft baut auf die USA und freut sich über den deutlich günstigeren Eurokurs“, erklärte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner in einer Einschätzung. „Gleichzeitig lässt der billige Treibstoff den Verbrauchern mehr Geld.“ Bleibe das so, könne 2015 ein besseres Jahr werden als noch im Herbst gedacht.

Der Ökonom warnt aber auch mit Blick auf das Wahlergebnis in Griechenland: „Ein Selbstläufer ist das aber noch nicht. Griechenland und Europa brauchen jetzt erst einmal Zeit, um sich auf ein neues Programm zu einigen. Ein guter Ausgang für beide Seiten stärkt das Vertrauen.“

Auch der Konjunkturexperte der Commerzbank, Ralph Solveen, sieht den IFO-Index als gutes Zeichen für die Wirtschaft und rechnet damit, dass die Stimmung in den kommenden Monaten noch besser wird. „Die Unternehmen in Deutschland spüren mehr und mehr, dass sich die konjunkturellen Rahmenbedingungen durch den schwachen Euro und das billigere Öl verbessert haben“, sagt Solveen. „Damit deutet vieles auf ein wieder etwas stärkeres Wachstum der deutschen Wirtschaft.“

Auch Spanien im Aufschwung

Der IFO-Index gilt als wichtigster Frühindikator der deutschen Wirtschaft. Er wird monatlich durch die Befragung von etwa 7000 Unternehmen aus Industrie, Einzel- und Großhandel sowie aus der Bauwirtschaft ermittelt. Der Index bestärkt, was sich bereits im vergangenen Jahr in harten Zahlen zeigte: Die Wirtschaft wuchs 2014 so stark wie seit 2011 nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg um 1,5 Prozent, 2013 hatte es nur ein Plus von 0,1 Prozent gegeben.

Wegen des unerwartet hohen Wachstums konnte Deutschland auf Bundesebene 2014 erstmals seit fast 50 Jahren sogar wieder ausgeglichen bilanzieren. Zuletzt erreichte der Bund 1969 einen ausgeglichenen Haushalt, ohne neue Schulden zur Finanzierung seiner Ausgaben machen zu müssen. Nimmt man zum Bund die Budgets der Länder, Gemeinden und der Sozialversicherung, konnte Deutschland im vergangenen Jahr sogar einen strukturellen Überschuss von einem Prozent des BIPs erwirtschaften.

Von den sinkenden Ölpreisen profitiert auch Spanien, das lange Zeit eines der Problemkinder Europas war. Der Regierung zufolge wird das BIP heuer um mindestens 2,5 Prozent zulegen. Bisher wurde nur ein Plus von zwei Prozent erwartet. „Wenn die Ölpreise und der Wechselkurs auf ihren aktuellen Niveaus verharren, werden wir ein zusätzliches Wachstum von 0,5 Prozentpunkten sehen – und das ist noch eine vorsichtige Schätzung“, sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindos der Tageszeitung „Expansion“ (Montagausgabe). Eine offizielle Prognose wird im April veröffentlicht.

2014 ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone nach bisherigen Zahlen um 1,9 Prozent gewachsen. Österreichs Wirtschaft wuchs um 0,5 Prozent. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2015)

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