Deutsche und Griechen finden keinen gemeinsamen Nenner

Schäuble Varoufakis
Schäuble Varoufakis Reuters
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Der neue griechische Finanzminister Gianis Varoufakis traf sich heute erstmals mit Wolfgang Schäuble. Das Ton war rau, Streitpunkte wurden nicht geklärt.

Mit Spannung erwartet wurde das heutige Treffen zwischen dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis und seinem deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble. Bei der anschließenden Pressekonferenz wurde jedoch schnell klar: Zwischen den beiden Politikern liegen Welten. Mit Varoufakis stimme er "noch nicht so richtig überein" in der Frage, was jetzt zu tun sei, fasste Schäuble das Ergebnis des ersten Gesprächs zusammen. Und Varoufakis stellte schon fast trotzig klar: Man habe sich auf gar nichts geeinigt, nicht einmal darauf, sich uneinig zu sein.

"Vielleicht gefällt es Ihnen nicht, dass wir gewählt wurden, aber ich kann Sie nur auffordern, mit uns zusammenzuarbeiten", so der Grieche gegenüber Schäuble. Dieser meinte nach dem Treffen wiederum: "Ich habe meine Skepsis nicht verhehlen können, dass manche der angekündigten Maßnahmen nach unserer Überzeugung nicht unbedingt in die richtige Richtung gehen".

DiePresse.com fasst die wichtigsten Streitpunkte zusammen:

Troika

  • Zur Lösung der Schuldenfrage hat Schäuble Griechenland zur Zusammenarbeit mit der Geldgeber-Troika aufgefordert. Es sei unbestritten, dass die Regierung in Athen mit IWF, EZB und EU kooperieren müsse, sagte Schäuble am Donnerstag. Man müsse mit den Geldgebern verhandeln. "Verlässlichkeit ist die Voraussetzung von Vertrauen", so der Christdemokrat Schäuble.
  • Die neue griechische Linksregierung machte sofort nach Amtsantritt klar, dass sie die Troika abschaffen beziehungsweise gar nicht mehr empfangen wolle. Und der griechische Regierungschef Alexis Tsipras betonte am Donnerstag in Anspielung auf Berichte, nach denen die Gläubiger-Troika bisher direkt Einfluss auf die Regierung nahm: "Griechenland wird keine Befehle mehr Annehmen, besonders keine Befehle per Email".

    Übrigens: Auch in Brüssel ist die Troika mittlerweile sehr umstritten. So hatte etwa der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs Anfang Jänner befunden, dass sich die EZB aus der Troika zurückziehen müsse, falls sie mit dem bereits angekündigten Ankauf von Staatsanleihen beginne.

Verursacher der Krise

  • Schäuble betonte bei der Pressekonferenz, die Ursachen für den schwierigen Weg, den Griechenland jetzt gehen müsse, lägen in Athen selbst "und nicht in Europa und schon gar nicht in Deutschland".
  • Varoufakis sagte bereits am Vorabend in einem ARD-Interview, dass er im Zusammenhang mit Athen von keiner Finanzkrise sprechen wolle: "In Griechenland hat eine Katastrophe stattgefunden, eine Implosion, eine humanitäre Krise, wenn Sie so wollen. Aber es ist Unsinn, von einer griechischen Finanzkrise zu sprechen." Es handle sich vielmehr um eine Krise der Eurozone. Er fragt sich: "Wird Europa uns helfen? Oder wird Europa Griechenland weiterhin kontinuierlich foltern?" Außerdem meinte er: "Wie Europa auf diese Erdbeben reagierte, war vielleicht schlimmer als das Erdbeben an sich."

Schuldenschnitt

  • Für Schäuble ist der Schuldenschnitt vom Tisch, Deutschland lehnte den von der Linksregierung geforderten Schuldenschnitt stets ab. Dabei sei man sich nun mit Athen einig, sagte Schäuble.
  • Man sei sich nicht einmal einig, sich nicht einig zu sein, fiel ihm dagegen sein griechischer Amtskollege Varoufakis ins Wort.

Eines ist für Varoufakis, der einmal mehr um mehr Zeit für Griechenland warb, jedenfalls klar: "Wir brauchen Deutschland an unserer Seite". Im Gegenzug versprach er: "Sie können von meiner Regierung ein Höchstmaß an Vernunft erwarten".

EZB erhöht Druck massiv

Das deutsch-griechische Treffen fiel in eine heikle Phase, denn ausgerechnet am Mittwochabend hat die EZB den Druck auf die neue griechische Regierung massiv erhöht. Sie kippte eine Sonderregelung: Ab dem 11. Februar könnten griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit für EZB-Kredite genutzt werden, teilte die Zentralbank am Mittwochabend mit. Dies ist vor allem ein schwerer Schlag für die griechischen Banken, die am Geldtropf der EZB hängen. An den Finanzmärkten sorgte der EZB-Entschluss für Verunsicherung. Der Eurokurs rutschte nach Bekanntgabe unter 1,14 US-Dollar. Der griechische Aktienmarkt brach am Donnerstag massiv ein. Massiv unter Druck gerieten griechische Bankaktien. Die Regierung kündigte an, sich nicht "erpressen" lassen zu wollen.

>>> Interview auf "Tagesschau.de"

(sk)

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