Zehn-Punkte-Programm soll Griechenland im Euro halten

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Die Euro-Finanzminister werden ihre Verpflichtungen für Athen neu formulieren und eine Änderung der Troika beraten.

Brüssel/Wien. Die Lage ist heikel und verlangt Fingerspitzengefühl. Seit Tagen beraten deshalb in Brüssel Vertreter der EU-Kommission und der Euro-Gruppe über das weitere Vorgehen in der griechischen Schuldenkrise. Es sollen auch Vorgespräche mit griechischen Vertretern stattgefunden haben. Wie die Deutsche Presseagentur berichtet, wird für das Sondertreffen der Euro-Gruppe am Mittwochabend ein Zehn-Punkte-Programm vorbereitet, das Athen zu einer weiteren Spar- und Reformpolitik verpflichtet. Welche konkreten Forderungen darin enthalten sind, blieb vorerst geheim. Doch soll das Programm, das vorerst sechs Monate gelten soll, auch einige von Athen geforderte Änderungen enthalten, um eine gemeinsame Basis für einen Kompromiss zu finden.

Fest steht, dass sich auch die von Ministerpräsident Alexis Tsipras angeführte Regierung an die vereinbarten budgetären Verpflichtungen halten muss. Stimmt der griechische Finanzminister, Yanis Varoufakis, dem neuen Programm zu, soll sein Land umgehend die letzte Tranche der vorgesehenen Hilfskredite in der Höhe von rund sieben Milliarden Euro erhalten. Wenn nicht, dürfte beim folgenden EU-Gipfel am Donnerstag ein weiterer Anlauf für eine Einigung gesucht werden. Wird auch dabei keine Lösung ausgehandelt, könnte ein letzter Versuch beim regulären Finanzministertreffen am 16. Februar unternommen werden.

Es wird damit gerechnet, dass im Zehn-Punkte-Programm nicht nur budgetäre Ziele enthalten sind, sondern auch Verpflichtungen zu Reformen – allerdings könnten diese allgemeiner formuliert werden als bisher, wie es aus Brüssel heißt. So könnte beispielsweise eine Reform des Pensionssystems mit Zielvorgaben verknüpft werden, ohne etwa auf die jüngste Ankündigung der griechischen Führung einzugehen, das Weihnachtsgeld (13. Gehalt) für Pensionisten wieder einzuführen. Das heißt, Griechenland würde zwar mehr Flexibilität erhalten, wie es das Pensionssystem reformiert, muss sich aber an Rahmenbedingungen halten.

Damit die griechische Regierung ihr Gesicht wahren kann, dürfte die Troika in ihrer bisherigen Form abgeschafft werden. Sie wurde bereits von der Tsipras-Regierung de facto hinausgeworfen. Die Troika soll durch eine neue Form der Kontrolle der Budget- und Reformverpflichtungen ersetzt werden. In diesem neuen Gremium könnte dem Vernehmen nach der EU-Kommission eine größere Rolle eingeräumt werden. Offen ist zudem, ob und wie weit sich die Europäische Zentralbank noch an der Kontrolle beteiligt.

Trotz dieser vorbereiteten Kompromissvarianten zeigten sich Vertreter der EU-Kommission am Dienstag pessimistisch, dass bereits in der Nacht auf Donnerstag eine Verhandlungslösung erzielt werden kann. Zur Skepsis beigetragen hat auch die griechische Regierung, die Anfang der Woche angekündigt hat, Privatisierungsvorhaben – etwa des Athener Regionalflughafens Hellenikon – zu stoppen. Neben der angekündigten Erhöhung der Staatsausgaben würde sie damit in einem weiteren Kernpunkt die bisherigen Vereinbarungen mit den Geldgebern brechen.

Athen droht mit China und Russland

Der neue griechische Verteidigungsminister, Panos Kammenos, von der rechtspopulistischen Partei ANEL, hat indessen damit gedroht, dass sich sein Land von den Europartnern abwenden und sich andere Geldgeber suchen könnte. Ziel sei zwar ein Abkommen mit der EU, aber falls vor allem Deutschland hart bleibe, müsse sich sein Land nach Alternativen umsehen, sagte er im griechischen Fernsehen. „Das wären am besten die USA, aber es könnten auch Russland oder China oder andere Länder sein.“ Mit Russland pflegt die neue griechische Regierung seit dem Amtsantritt intensive Kontakte. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2015)

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