Langsamer Banken-Run: Ohne Panik heben Kunden ihr Geld ab

People make transactions at an ATM outside a National Bank of Greece branch in Athens
People make transactions at an ATM outside a National Bank of Greece branch in Athens(c) REUTERS (ALKIS KONSTANTINIDIS)
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Die griechischen Banken können sich nur noch durch Notfallkredite finanzieren. Noch aber glaubt die Bevölkerung an das Verhandlungsgeschick der neuen Regierung unter Alexis Tsipras.

Athen. Es war ein kalter, aber sonniger Athener Morgen, geschäftig wie immer, aber sonst völlig entspannt: An diesem Dienstag, dem Tag nach dem neuerlichen Scheitern der Verhandlungen über die Verlängerung des Rettungsprogramms für Griechenland, gab es keine Schlangen an den Bankautomaten, kaum Wartende an den Schaltern. Von einer Panik angesichts drohender Zahlungsengpässe der griechischen Banken, einem Zahlungsausfall der griechischen Regierung oder gar einem Austritt aus der Eurozone war nichts zu bemerken.

Ist es die Ruhe vor dem Sturm? Derzeit ist in Griechenland kein akuter Banken-Run zu erkennen, obwohl sich die Lage zuspitzt. Die Schwierigkeiten der Banken, den Geldumlauf aufrechtzuerhalten, wurden selbstverständlich registriert. Noch aber glaubt die Bevölkerung, dass die Linksregierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras zu einer Einigung mit den europäischen Partnern kommen wird.

Seit Monaten wird die Lage der Staatskasse und des Bankensystems schwieriger. Zunächst verweigerte die Europäische Zentralbank (EZB) Griechenland Anfang Februar die Anhebung der Obergrenze für die Ausgabe kurzfristiger Staatsanleihen. Gleich im Anschluss daran wurde in Frankfurt, dem Hauptsitz der Euro-Zentralbank, beschlossen, griechische Staatsanleihen nicht mehr als Garantie für Bankkredite zu akzeptieren. Dadurch schnitt die EZB die Kreditinstitute von einer billigen Finanzierungsquelle ab. Die einzige Geldquelle, die den griechischen Banken noch verbleibt, ist damit die Notfalls-Liquiditätshilfe des Eurosystems (ELA). Diese muss allerdings alle 15 Tage verlängert werden. Noch diese Woche ist wieder einmal eine Verlängerung fällig. Obergrenze für die Notfallkredite sind derzeit 65 Milliarden Euro. Abgesichert werden sie durch die Einlagen Griechenlands im europäischen Rettungsschirm in Höhe von 38 Milliarden Euro.

EZB-Präsident Mario Draghi ließ aber bereits verlauten, dass Griechenland, das von den internationalen Aktienmärkten abgeschnitten ist, sich in einem Programm befinden müsse, wenn die Schiene weiter aufrechterhalten bleiben soll. Offiziell befindet sich Griechenland nur noch bis 28. Februar in einem solchen Programm.

Stresstest war erfolgreich

In der Theorie sind die griechischen Banken, die 2013 über den Bankenrettungsfonds rekapitalisiert wurden, kreditwürdig, denn sie durchliefen erst im Herbst 2014 einen Stresstest. Nach dessen Bestehen bestätigte ihnen die EZB, dass sie „gesund“ seien. Aus dem Bankenfonds stehen übrigens noch 11,6 Milliarden Euro zur Verfügung, die die Regierung Tsipras eigentlich für die Begleichung ihrer Schulden einsetzen will. Wird das laufende Programm jedoch nicht abgeschlossen, gehen diese Gelder nach Frankfurt zurück.

Beunruhigend ist aber auch der Schwund der Guthaben in den griechischen Banken. Seit Anfang Dezember 2014, als die Vorverlegung der Wahl des Staatspräsidenten bekannt gegeben wurde, deren Scheitern in Folge Parlamentswahlen auslöste, sind schätzungsweise 20 Milliarden Euro von den Bankkunden abgehoben worden. Damit liegen die Guthaben etwa wieder auf dem Niveau von Juni 2012, als die Angst vor einem Austritt aus der Eurozone, dem Grexit, zu massivem Abfluss von Kapital geführt hatte. Doch aus Bankenkreisen wird beruhigt. Das meiste Geld sei im Land geblieben und würde nach einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen schnell wieder auf die Konten zurückwandern. Es wird demnach von der Bevölkerung daheim gehortet.

Populäre Regierung

Der Popularität der erst am 25. Jänner gewählten Regierung können die Zahlungsengpässe derzeit jedenfalls nichts anhaben. Acht von zehn Griechen sind nach einer jüngst veröffentlichten Umfrage der Meinung, dass die Regierung nach ihrem Geschmack mit den Gläubigern verhandelt. Das Bemerkenswerte: Auch viele Griechen, die das nun regierende Radikale Linksbündnis (Syriza) oder ihre rechtspopulistischen Partner von ANEL nicht gewählt haben, stehen nun hinter dem harten Verhandlungskurs der Regierung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2015)

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