Plänen der EU-Kommission zufolge sollen die Mitgliedsländer einander automatisch über Steuervereinbarungen mit Konzernen informieren: Eine Konsequenz aus der LuxLeaks-Affäre.
Wien. Es ist ein Thema, das nicht nur internationale Großkonzerne betrifft, wie die aktuelle Jobausschreibung einer heimischen Handelskette zeigt. Diese sucht zurzeit gerade einen Steuerexperten. Das Aufgabengebiet: „Die Mitarbeit bei der internationalen Steuerplanung“ sowie die Bearbeitung von „Fragestellungen der internationalen Verrechnungspreise“.
Steuerzahlungen werden von Firmen schon lang nicht mehr dem Zufall überlassen. Sind Unternehmen in mehreren Ländern tätig, dann versuchen sie in der Regel auch, ihre Gewinne so zu organisieren, dass sie möglichst steuerschonend anfallen. Ein nachvollziehbarer und legaler Schritt. Problematisch wird die Situation jedoch, wenn Länder Sonderregelungen schaffen oder mit einzelnen Konzernen sogar im Rahmen von Steuervorbescheiden Abkommen schließen, um zu versteuernde Gewinne aus anderen Ländern abzuziehen.
Eine Methode, die etwa Luxemburg in der Vergangenheit häufig angewandt hatte, wie im Vorjahr aus den im Rahmen von LuxLeaks publik gewordenen Unterlagen ersichtlich wurde. Und auch Irland zog sich unter anderem durch einen Steuerdeal mit Apple den Unmut der anderen EU-Länder sowie der Kommission zu. Bekannt für ähnliche Deals sind aber auch Starbucks, Google und Amazon.
Automatischer Austausch
Die EU-Kommission hat daher am Mittwoch ein Paket von Vorschlägen präsentiert, das diese Steuervermeidung erschweren soll. So dürften zwar weiterhin sämtliche Länder in der EU autonom über ihr Steuersystem entscheiden und auch spezielle Regelungen schaffen. Alle drei Monate müssen die konkreten Steuervorbescheide jedoch automatisch mit den anderen Mitgliedsländern ausgetauscht werden. Dies würde davon betroffenen Ländern ermöglichen, darauf zu reagieren und Schlupflöcher in der eigenen Steuergesetzgebung zu schließen. „Die Toleranz mit Unternehmen, die ihren fairen Anteil an Steuern vermeiden wollen und mit den Steuergesetzgebungen, die das ermöglichen, ist am Ende“, so EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. „Wir müssen dafür sorgen, dass Gewinne wieder dort versteuert werden, wo sie wirklich anfallen.“
Um Gewinne innerhalb Europas zu verschieben und so die Steuerlast zu mindern, haben Konzerne in den vergangenen Jahren nämlich richtige Milliardenkarusselle aufgebaut. Ein Beispiel dafür ist Inditex, die Mutter der spanischen Textilhandelskette Zara, wie Recherchen der Nachrichtenagentur Bloomberg im Vorjahr gezeigt haben. Inditex hat in Holland eine kleine Tochterfirma mit 173 Mitarbeitern, deren Gewinn im Jahr 2013 größer als jener der Vertriebstöchter in Italien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien in den fünf Jahren zuvor war. Die Firma erzielte pro Mitarbeiter einen Gewinn von 3,1Mio. Euro und eine Gewinnmarge (bezogen auf den Umsatz) von 45 Prozent, womit sie siebenmal profitabler als Apple wäre.
Gebühren intern festgesetzt
In der Tochter sind die Markenrechte und das Know-how von Zara gebündelt, heißt es bei Inditex. Und dafür müssten die anderen Töchter Gebühren an die Holländer überweisen. Die Höhe dieser internen Gebühren wird von Inditex selbst festgesetzt und kann von außen nicht nachvollzogen werden. Der Effekt ist, dass die Gewinnmargen der Töchter in den großen europäischen Märkten auf drei bis fünf Prozent fallen.
Der Grund des Karussells ist die geringere Steuerrate in Holland. Sie liegt in dem Fall – nachdem ein Teil der Gewinne noch durch die Schweiz geschickt wurde – bei 16Prozent. Und somit deutlich weniger, als die Steuersätze in Italien (27,5 Prozent) oder Frankreich (33,3 Prozent) ausmachen.
Möglich sind solche Konstruktionen oft nur, weil sie Schlupflöcher in den Steuergesetzen ausnützen. Durch mehr Transparenz soll es für die Behörden einfacher sein, dagegen vorzugehen und die Regeln anzupassen. Das Transparenz-Paket könnten Anfang 2016 bereits in Kraft treten. (jaz/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2015)