Chinas Geld erobert die Welt

Chinas Acquisitionen werden freilich hauptsächlich in Dollar getätigt.....
Chinas Acquisitionen werden freilich hauptsächlich in Dollar getätigt.....REUTERS
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Shopping-Strategie: Von Athen bis Madrid, von Zentralasien bis Afrika: Lautlos, aber beharrlich setzt China rund um den Globus seine gigantischen Devisenreserven ein, um sich politischen Einfluss zu erkaufen.

Die Afrikanische Union sollte ein stolzer Verbund von souveränen Staaten sein, die sich frei von fremdem Einfluss entwickeln. Ganz so genau nimmt die Organisation ihr edles Motto nicht. Sie nahm ein ziemlich teures Präsent aus China an: Seit zwei Jahren residiert die Afrikanische Union in einem der prächtigsten Hochhäuser der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba – komplett bezahlt von den „guten Freunden aus Peking“. China definiert sich zwar selbst noch als Entwicklungsland, doch für die Geste in Richtung Afrika hat die chinesische Führung um Staatspräsident Xi Jinping umgerechnet fast 200 Millionen Euro lockergemacht.

»Kauft China die Welt?«

Was in Afrika wie ein Geschenk wirken mag, ist aus Sicht Xis eine langfristige Investition. China giert nach Weltgeltung. Doch anders als die USA kann und will das bevölkerungsreichste Land der Welt sie nicht durch militärische Präsenz erreichen. Pekings Führung geht subtiler vor. Sie will die wachsende wirtschaftliche Bedeutung des chinesischen Giganten als Hebel benutzen, um den Planeten aus den Angeln zu heben. „Wir laden sämtliche Länder an Bord unseres Entwicklungszuges ein“, versprach Xi im Oktober vor Staatschefs aus Südost- und Zentralasien.

China ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten sehr reich geworden. Es hat Devisenreserven von rund 3,8 Billionen Dollar. Noch nie hat ein Land so viel Vermögen angehäuft. Und auch die zumeist staatlich geführten Unternehmen sind wohlhabend. Anders als noch vor einigen Jahren fühlen sich die chinesischen Unternehmer und Manager auch intellektuell gewappnet, um auf Eroberungstour zu gehen. Die Staatsführung fördert das. Peking sieht darin ein Mittel, nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch auf der Weltbühne Einfluss zu erkaufen.

Einkaufstour in Europa

Die chinesische Mischung aus Diplomatie und Großzügigkeit wirkt überall. Xi und sein Regierungschef, Li Keqiang, sind seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren mit einem Lächeln im Gesicht und dem Scheckbuch in der Hand um die Welt geflogen – und haben mit dieser Form der monetären Diplomatie enorme Erfolge erzielt. Die Staatsfonds des Landes haben beispielsweise Milliardenbeträge in Spanien und Italien investiert, als diese wegen der Eurokrise am Boden lagen – wofür Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrem Kollegen Li bei ihrem jüngsten Besuch in Peking auch brav dankte.

Auch anderswo in Europa machen die Chinesen sich beliebt. In Griechenland betreibt der staatliche Reeder Cosco den Hafen Piräus und ist damit einer der wichtigsten Arbeitgeber. Dieses Hafenprojekt steht zugleich im Zusammenhang mit einem weiteren internationalen Großvorhaben der Regierung in Peking: dem Wiederaufbau der Seidenstraße in einer Version für das 21. Jahrhundert. Auch im indischen Kalkutta, im ostafrikanischen Lamu oder in Colombo auf Sri Lanka klotzen chinesische Baufirmen Containerterminals an die Küste. Die betreffenden Länder sind dankbar, während China das Transportnetz für seinen nicht abreißenden Warenstrom perfektioniert.

Unter dem vornehmen Stichwort eines Wiederaufbaus der Seidenstraße läuft derzeit auch das Programm, den eigenen Einfluss so tief nach Zentralasien auszudehnen, dass Europa in Griffweite liegt. Chinas Führung hat dafür einen Fonds im Wert von stattlichen 40 Milliarden Dollar aufgelegt, die in Ländern wie Kasachstan für den Ausbau des transkontinentalen Güterzugverkehrs investieren werden können. Die Abnehmer fühlen sich Peking politisch verpflichtet – und der einstige Platzhirsch Russland kann nichts dagegen tun, weil er sich mit dem Westen zerstritten hat und ebenfalls auf das Wohlwollen Chinas angewiesen ist. Russlands Krise mit Europa und den USA wegen der Ukraine kommt Xi und seiner Strategie der Einflussnahme mit der Brieftasche daher sehr recht. Während der Rubel abstürzt und die russischen Bürger unter fremden und eigenen Sanktionen ächzen, zeigt sich China als verlässlicher Freund – beziehungsweise als reicher Onkel, der Kredite, Obst und Gemüse oder Maschinen anbietet. Wo sich US-Kreditkartenfirmen zurückziehen, springen chinesische Zahlungsdienstleister in die Bresche.

Abhängiges Russland

Umgekehrt erklärt sich Peking bereit, russisches Gas abzunehmen – zum Sonderpreis, versteht sich. Russlands Präsident, Wladimir Putin, weiß zwar, dass er sich von seinem großen Nachbarn im Osten abhängig macht. Doch ihm ist derzeit jeder Partner lieber als die EU.

Vor der eigenen Haustür in Asien hat es China ebenfalls lang schwer gehabt, die Nachbarn auf die eigene Seite zu bringen. Gerade der Rivale Japan hat sich immer unnahbar gezeigt. Chinas Geld hat Xi auch hier den Ausweg gebracht. Er ignoriert Japan einfach, was Tokio vermutlich am meisten schadet. Die gegenseitigen Investitionen sind auf einem Tiefstand. Derweil lässt Xi mit Erfolg eine neue asiatische Entwicklungsbank gründen, die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB). Sie droht die japanisch dominierte Vorgängerinstitution in die Bedeutungslosigkeit zu stoßen, zumal die wichtigen EU-Länder plötzlich die chinesische Initiative unterstützen. Ihnen ist der riesige chinesische Markt wichtiger als alte Bündnisse.

Unbeliebt

Geadelt durch die Unterstützung Europas setzt die AIIB nun an, den chinesischen Einfluss auf die umliegenden Schwellen- und Entwicklungsländer auszudehnen. Denn China nimmt als Schutzherr der Institution Einfluss darauf, wie die Fördergelder vergeben werden. Und wer Milliarden zu verteilen hat, der hat auch das Ohr der Regierungen.

Es gibt jedoch einen Haken: Viele Regime der häufig ebenfalls autoritär regierten Länder begrüßen Chinas Engagement zwar. Unter der Bevölkerung sind die Chinesen jedoch alles andere als beliebt. Zwar hat Peking in den vergangenen Jahren in den zentralasiatischen Staaten etwa zahlreiche Konfuzius-Institute eröffnet, um den Menschen dort die chinesische Kultur und die Sprache nahezubringen. Doch dieses Angebot wird nur wenig angenommen. Stattdessen beklagen die Menschen das oft ruppige Vorgehen der chinesischen Investoren.

China droht in diesen Ländern das sogenannte Myanmar-Syndrom. Als die Militärjunta das südostasiatische Land mit harter Hand regierte, waren die Investoren aus dem Reich der Mitte willkommen. Seitdem das Regime aber die Zügel gelockert hat, wächst der Unmut der dortigen Bevölkerung über die Chinesen.

Zahlen

3,8 Billionen Dollar Devisenreserven hat China angehäuft, das ist der größte Finanzschatz der Welt. 40 Milliarden Dollar stellt China allein für Investitionsprojekte nur in den Staaten Zentralasiens in einem eigenen Fonds bereit. 200 Millionen Euro hat Peking einfach so freihändig für die Finanzierung des neuen Hauptquartiers der Afrikanischen Union in Addis Abeba aus dem Ärmel geschüttelt.

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