Renten: China lässt Staatsbetrieb fallen

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Die Firma Baoding Tianwei Baobian Electric kann die Zinsen für eine Anleihe nicht mehr bedienen. Die Volksrepublik eilt ihren Unternehmen künftig wohl nicht mehr so leicht zu Hilfe.

Wien. Die Regierung in Peking zeigt der westlichen Welt wieder einmal, wie Marktwirtschaft läuft: Am Dienstag wurde der erste Zahlungsausfall eines staatseigenen Betriebs vermeldet. Die Energiefirma Baoding Tianwei Baobian Electric kann Zinszahlungen für eine Anleihe nicht mehr bedienen. Es ist ein Schicksal, das schon anderen börsenotierten Firmen widerfahren ist. Aber keine davon war in Staatsbesitz. Auch der Immobilienkonzern Kaisa Group (laut „New York Times“ einst Darling der globalen Vermögensverwalter) blieb zuletzt die Tilgung einer Zinsrate für eine Dollar-Anleihe schuldig.

Anleihen kaum von Privaten

Betriebe, die der öffentlichen Hand zuzurechnen waren, mussten sich bisher wenig Sorgen um ihren Fortbestand machen. Hatten sie doch das mächtige China im Rücken, für das Geld keine Rolle zu spielen scheint. Das dürfte sich nun ändern. Dass der Staat seinen Firmen bei Schwierigkeiten künftig dauerhaft unter die Arme greift, gilt nicht mehr als gesichert.

Peking will sich künftig wohl verstärkt auf die Mechanismen des Marktes verlassen. Zudem dürfte sich das Land langsam aus staatlichen Garantien für riskante Anleihen zurückziehen. Die Pleite könnte den Ruf der Unternehmen zerstören, die über eine Garantie der Zentralregierung verfügen, schrieben Analysten in einem Kommentar.

Bereits in der Vorwoche hat Baoding davor gewarnt, fällige Zinsen in der Höhe von 13,8 Mio. Dollar (12,9 Mio. Euro) unter Umständen nicht zahlen zu können. Für eine fristgerechte Tilgung der Zinsen seien keine ausreichenden Mittel vorhanden, teilte die Energiefirma mit.

Die betroffene Anleihe wurde in Lokalwährung begeben und auf dem Interbankenmarkt gehandelt. Der Zugang ist ausschließlich institutionellen Investoren vorbehalten. Zunächst wurde die Anleihe mit AA+ bewertet. Damit wurde das Unternehmen als guter Schuldner deklariert. Später kam es allerdings zu einer Herabstufung auf BB. Diese Ratingnote spiegelt bereits eine spekulative Anlage wider. Baoding schrieb im Vorjahr einen Verlust von 10,1 Billionen Yuan, schon ein Jahr zuvor war es in den roten Zahlen gelegen. Zuletzt war der Kursrückgang des Bonds so stark wie in keinem anderen Monat seit Beginn der Laufzeit im Jahr 2011.

91 Prozent der derzeit ausstehenden chinesischen Unternehmensanleihen stammen von Emittenten mit staatlichem Hintergrund. „Es ist möglicherweise der Anfang von mehr Pleiten in China“, sagt Qu Qing, Anleihenanalyst bei Huachuang Securities. „Die Abkühlung der chinesischen Wirtschaft hat einigen Sektoren einen großen Schlag versetzt.“

Die Regierung in Peking erwartet heuer einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von rund sieben Prozent, 2014 betrug der Zuwachs noch 7,4 Prozent – die schwächste Rate seit 24 Jahren.

Firmen hoch verschuldet

Die Schulden der chinesischen Firmen sind die höchsten in der Welt, wie der ehemalige Zentralbankberater Yu Yongding der Zeitung „China Daily“ in der Vorwoche mitteilte. Die Verbindlichkeiten beliefen sich 2013 demnach auf 14,2 Billionen Dollar. Damit überstiegen sie auch die Schulden der US-Firmen, die 13,1 Billionen Dollar erreichten.

„Wir müssen uns bewusst sein, dass es der Regierung nicht möglich sein wird, alle Staatsfirmen zu schützen“, sagt Ivan Chung, Analyst bei der Ratingagentur Moody's. Für die Behörden in dem Land sei es aber wichtig, ein Fallbeispiel zu schaffen, auf das man sich bei künftigen Pleiten berufen kann. Zudem werde das Ereignis dem Anleihenmarkt dabei helfen, sich gesünder zu entwickeln. (ag./nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2015)

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