Nobelpreisträger Shiller: „Alles ist überbewertet“

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Die Aktienpreise werden von der Angst getrieben, zu kurz zu kommen – warnt der US-Ökonom Robert Shiller.

Wien. Yale, Wirtschaft, Nobelpreisträger. So weit, so langweilig. Aber der US-Ökonom Robert Shiller sticht aus der Masse heraus. Er hat seinen Nobelpreis nämlich dem konkreten Erfolg seiner Modelle zu verdanken – ein Erfolg, der in der Realität überprüfbar ist.

Shiller ist der Erfinder des Begriffs „Irrationaler Überschwang“. Der ist – in der modernen Ökonomie fast schon einzigartig – selbsterklärend: Shiller interessiert sich für Anlageblasen. Er will wissen, wie sie entstehen. Und warum. Sein Name hat es ins Börsenlexikon geschafft, denn einige der von Shiller entwickelten Messmodelle, wie etwa der Case-Shiller-Index für Immobilienpreise, sind heute Mainstream. Ganze Fonds werden auf der Basis seiner Modelle verwaltet. Ein weiteres Modell Schillers ermittelt die (Über-)Bewertung von Börsentiteln – und auch die Psychologie hinter einer Blase.

Sein Buch „Irrationaler Überschwang“ ist 2000 zum ersten Mal erschienen – knapp vor dem Platzen der Dot.com-Blase. Shiller warnte vor genau dieser Übertreibung auf den Aktienmärkten – und sollte recht behalten. Die zweite Auflage folgte 2005 und enthielt eine Warnung vor der sich aufbauenden US-Immobilienblase. Nachdem die im Jahr 2007 dann platzte, stand es 2:0 für Shiller.

Jetzt ist er wieder da. Mit der dritten Auflage. Die gute Nachricht: Er sieht derzeit keine konkrete Blase. Die schlechte Nachricht: Shiller sieht keine Blase, weil ihm inzwischen alle Märkte überbewertet scheinen. Und wenn alles in einer Blase ist, kann man nicht beurteilen, wo sie zuerst platzt.

„Diesmal sehen Aktien, Anleihen und Immobilien überbewertet aus“, sagte Shiller in einem Interview mit Goldman Sachs. „Es ist anders als in anderen Phasen der Überbewertung. 1929 war der Aktienmarkt stark überbewertet, aber die Anleihen- und Immo-Märkte größtenteils nicht.“

Bevor es böse endet

Und in seinem Buch schreibt Shiller: „Man könnte meinen, die Menschen hätten ihre Lektion gelernt und würden sich nicht mehr auf expandierende Märkte stürzen, wie es so viele vor der Krise taten und dadurch die einsetzenden Blasen verschlimmerten. Doch die Indizien für Blasen häufen sich seit der Krise.“ Am meisten Sorgen macht ihm aber der scheinbare Grund für dieses Verhalten. Denn anders als bei vergangenen Blasen scheint diese Phase des Überschwangs nicht von Euphorie, sondern von Angst getrieben zu sein. „Die heutigen Anleger sind oft von der Angst getrieben, in der hoch technisierten Gesellschaft nicht mehr mithalten zu können“, so Shiller in der „Welt“.

Es sei aber eine „trügerische Strategie“, Gewinnen auf dem Aktienmarkt hinterherzulaufen, um seinen Wohlstand zu sichern. Denn wenn aus diesen Gründen investiert werde, dann nur, weil es keine anderen Möglichkeiten zu sparen mehr gebe. Das könne den Markt sogar noch weiter hinauftreiben. Bevor es wieder böse endet. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2015)

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