Zentralbanker mit Tomaten und Eulen gegen hohe Inflation

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Die Nahrungsmittel machen in Indonesien etwa ein Fünftel des Verbraucherpreisindex aus. Zentralbanker kümmern sich vor Ort um die Angebotsseite.

Rosmaya Hadi, die Leiterin der indonesischen Zentralbank in der Provinz West-Java, versucht die höchste Inflationsrate in Asien unter Kontrolle zu bringen. Und darum erntet sie Tomaten. Die Notenbankerin im graugemusterten Kopftuch unterhält sich mit den Landwirten, erkundigt sich nach der Gesundheit ihrer Kinder und wie gut sich die Pflanzen entwickeln. Man kennt sich: Hadi arbeitet mit diesen Bauern bereits seit sechs Monaten an einer Verbesserung der Erträge von Kartoffeln, Karotten und anderen Gemüsesorten. Dann beißt sie in eine faustgroße Tomate, frisch vom Strauch gepflückt. “Köstlich”, sagt sie und hebt den Daumen.

Das Landwirtschaftsprojekt in Pangalengan, das in den Hügeln südlich der Provinzhauptstadt Bandung liegt, ist eines von mehreren Vorhaben, die von den 18 Büros der indonesischen Zentralbank gesteuert werden - von Kornfeldern in Medan über Algenfarmen in Lombok bis hin zu Rinderhöfen in Kupang. Jedes Mal werden Zentralbanker wie Hadi in die Felder, auf See oder zu den Farmen geschickt, um sich direkt um die Angebotsseite der Inflationsgleichung zu kümmern. “Das ist die einfachste Form der Preisstabilität”, erklärt Hadi. “Preisstabilität bleibt unsere Kernzielsetzung, doch in einer Wirtschaft wie Indonesien wirkt die zinspolitische Transmission nicht unmittelbar, weil die Menschen über viele Inseln verstreut sind und die Infrastruktur begrenzt ist.”

Inflation liegt über sieben Prozent

Indonesiens Jahresteuerung kletterte im Mai auf 7,15 Prozent, wie die Statistikbehörde des Landes am Montag mitteilte. Damit stieg die Inflationsrate stärker an als von Notenbankchef Agus Martowardojo vorhergesagt. Die hohen Preise schränken die Möglichkeit zur Zinssenkung ein, um die schwache Konjunktur anzukurbeln. Das Wirtschaftswachstum in dem Land ist nämlich so niedrig wie seit mehr als fünf Jahren nicht mehr. Vizepräsident Jusuf Kalla sagte im vergangenen Monat, die Zentralbank solle die Leitzinsen “allmählich senken”.

In dem viertbevölkerungsreichsten Land der Welt bedeutet der Kampf gegen die Inflation, bei den Nahrungsmitteln anzufangen, die etwa ein Fünftel des Verbraucherpreisindex ausmachen. Und das wird schwieriger, wenn die 200 Millionen Muslime in Indonesien den Ramadan beginnen: In dem Monat des Fastens am Tage und der Festschmause am Abend nimmt die Nachfrage sprunghaft zu.Hinzu kommt das Auftreten des El Niño, der in weiten Teilen des Landes normalerweise eine Dürre auslöst.

Lieferzeiten und Missernten reduzieren

“Die meisten Indonesier geben noch immer einen großen Teil ihrer Einkommen für Lebensmittel aus”, sagt Aldian Taloputra, Chefökonom bei PT Mandiri Sekuritas in Jakarta, einer Sparte der größten Bank des Landes. Die Kosten der Haushalte würden durch “Lieferausfälle oder lange Trockenzeiten oder Missernten” stark beeinflusst. “Wenn das also gut gehandhabt wird, dann wird die Inflation nicht mehr so volatil sein”, fügt er hinzu.

Und darum besucht Hadi die Plastiküberdachungen, die ihre Bank gekauft hat, um die Tomaten in Pangalengan zu schützen. Zusammen mit Sachverständigen der Padjadjaran University brachte sie einem Dutzend Landwirten bei, wie die Ernteerträge gesteigert und die Risiken verringert werden können. Das Modell, bei dem die Geräte untereinander geteilt werden, kopierten bereits weitere 50 Pflanzenzüchter. Einer der Bauern sagt, dass sich der Kartoffelertrag seiner Felder um 20 Prozent verbessert hat. Die höheren Erträge unterstützen Präsident Joko Widodos Programm zur Ernährungssicherung, das bis 2018 auf eine Selbstversorgung bei Reis, Mais und Soja abzielt, auch indem Bauern Ausrüstungen, Dünger und Saatgut zur Verfügung gestellt werden.

Indonesiens Regierung will in diesem Jahr erstmals seit mindestens 2000 keinen Reis mehr importieren. Dazu hat auch Difi Johansyah mit beigetragen. Der Leiter des Zentralbankbüros in Nordsumatra arbeitete mit Landwirten in der Regentschaft Langkat nahe der Straße von Malakka zusammen, um die Erträge auf einer Reihe von Farmen mit insgesamt 800 Hektar zu steigern. Die Ernte im Februar brachte seiner Aussage nach 6,2 Tonnen je Hektar ein, doppelt so viel wie vorher.

Mit Eulen auf Rattenjagd

Einige Nahrungsmittel-Programme der indonesischen Notenbank laufen bereits seit Jahren. Dwi Suslamanto kaufte Eulen für die Rattenjagd in den Reisfeldern in Banyuwangi, Ost-Java, als er in der Provinz ab 2011 Zentralbankdirektor war. Der Fraß der Schädlinge kann seiner Aussage nach die Ernte um etwa ein Drittel verringern, was die lokalen Preise des Grundnahrungsmittels in die Höhe schießen lässt. “Die Ratten stürzen sich wie Räuber darauf. Doch jetzt kommen sie nicht mal in die Nähe, da wir die Eulen haben”, sagt Suslamanto, der mittlerweile Zentralbank-Leiter in West- Kalimantan ist.

Dank besserer Ernteerträge und höherer Einkommen aus dem Anbau von Cash Crops - Feldfrüchte für den gewinnbringenden Verkauf - können mehr Bauern einen Bankkredit bekommen, was ihnen Investitionen in Geräte und Anlagen ermöglicht, so Hadi. “Mehr Finanzstabilität für sie, bessere Preisstabilität für uns”, sagt Hadi schmunzelnd und isst den letzten Bissen ihrer Tomate. “Das ist der Grund, warum wir unsere Ärmel hochkrempeln und zu den Feldern hinuntergehen.”

(Bloomberg)

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