Tsipras lehnt "extreme Forderungen" der Gläubiger ab

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Von einer Einigung im Schuldenstreit scheint man nach wie vor weit entfernt. Griechenland will am Freitag immerhin die fällige Tranche an den IWF zahlen.

Griechenlands Premier Alexis Tsipras lehnt nach Angaben aus Regierungskreisen in Athen „extreme Forderungen“ der Gläubigerstaaten in der Schuldenkrise ab. So etwas könne „von der griechischen Regierung nicht akzeptiert werden“, habe Tsipras seinen Ministern nach seiner Rückkehr von einem Spitzentreffen in Brüssel erklärt. „Jedem muss klar sein, dass das griechische Volk in den vergangenen fünf Jahren sehr gelitten hat'“, zitierte der Insider am Donnerstag Tsipras weiter: „Sie müssen aufhören, auf dessen Kosten Spielchen zu spielen.“

Die internationalen Geldgeber hatten Tsipras am Mittwochabend eine mehrseitige Liste mit Forderungen überreicht, wie die Nachrichtenagentur Reuters von mit der Sache vertrauten Personen erfuhr. Demnach übersteigen einige Forderungen die roten Linien der griechischen Regierung.

Tsipras zu Geldgebern: "Machen Sie sich keine Sorgen"

Obwohl auch nach der jüngsten Gesprächsrunde der Geldgeber mit Athen ein Durchbruch nicht in Sicht ist, gibt sich Griechenlands Premier Alexis Tsipras ostentativ gelassen: "Machen Sie sich keine Sorgen", sagte Tsipras im Hinblick auf die nächste Tilgungsrate beim IWF, die bereits am morgigen Freitag fällig ist. Athen muss diesmal 305 Millionen Euro überweisen. Schließlich habe man in den vergangenen Monaten fristgerecht in Summe 7,5 Mrd. Euro zurückgezahlt, versuchte Tsipras zu kalmieren.

Für ein neues Spitzentreffen zur Lösung der Schuldenkrise gibt es noch keinen Termin. Eine Begegung werde aber in den nächsten Tagen stattfinden, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Donnerstag. Teilnehmen werden voraussichtlich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und Tsipras.

Die jüngste Runde hatte zumindest atmosphärisch eine Annäherung zwischen Athen und seinen Kreditgebern gebracht. Dijsselbloem sprach in der Nacht auf Donnerstag von einem "sehr guten Treffen", Tsipras bezeichnete die Gespräche als "konstruktiv", sah aber weiter Forderungen der Geldgeber, die er keinesfalls akzeptieren könne. Bei dem vierstündigen Dreier-Treffen war es um die Reformen gegangen, die das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland für eine weitere finanzielle Unterstützung umsetzen müsste. "Es gab Fortschritte beim Verständnis der jeweiligen Positionen der anderen auf der Grundlage verschiedener Vorschläge", hießt es seitens der Kommission etwas gestelzt.

Hilfsprogramm läuft aus

Athen verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Kreditgebern über die Bedingungen, zu denen in Aussicht gestellte Hilfsgelder von 7,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen. Die bisherigen Reformvorschläge aus Athen reichten den Geldgebern nicht aus. Nun drängt die Zeit, weil das griechische Hilfsprogramm zum Monatsende ausläuft und Athen im Juni insgesamt 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen muss, was das Land überfordern dürfte. Die erste Rate von 300 Millionen Euro wird am Freitag fällig.

Vor dem Treffen in Brüssel telefonierte Tsipras mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande. Seine Regierung vermeldete daraufhin ein Entgegenkommen der beiden Hauptgläubigerstaaten. Merkel und Hollande hätten die "Notwendigkeit" zugestanden, die Ziele für den griechischen Primärüberschuss zu senken, hieß es aus Regierungskreisen in Athen. Ein Sprecher der deutschen Regierung bestätigte das Telefongespräch, wollte sich aber nicht zum Inhalt äußern.

Der Primärüberschuss ist der Haushaltssaldo ohne Zinszahlungen und Schuldentilgung. Ursprünglich hätte Athen nach den Gläubigervorgaben heuer einen Primärüberschuss von drei Prozent erzielen müssen und kommendes Jahr 4,5 Prozent. Die Vorgaben gelten angesichts der inzwischen in Griechenland wieder herrschenden Rezession aber schon seit Monaten als nicht mehr erreichbar.

Tsipras unter Druck

Jegliche Einigung müsste in Griechenland durch das Parlament gebilligt werden. Tsipras sah sich in den vergangenen Monaten unter wachsendem Druck von Kräften in seiner linken Syriza-Partei, die jegliche Fortsetzung der Sparpolitik ablehnen. Einige Syriza-Vertreter haben bereits angekündigt, lieber Neuwahlen zu erzwingen als dies zu akzeptieren.

Nach Ansicht der Europäischen Volkspartei (EVP) muss Tsipras den internationalen Geldgebern Zugeständnisse machen. "Das Grundprinzip der Eurorettungspolitik bleibt auch bei Griechenland in Kraft. Das bedeutet für Tsipras, dass er Wahlversprechen wird räumen müssen", sagte der Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, der deutsche CSU-Politiker Manfred Weber, der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. "Er hat den Menschen zu viele Hoffnungen, zu viele leere Versprechen gemacht." Weber bekräftigte zugleich, dass auch die internationalen Geldgeber einen Kompromiss suchten. Entscheidend sei, ob Tsipras seinen Bürgern sage, dass weitere Reformen nötig seien, beispielsweise bei den Renten oder auf dem Arbeitsmarkt.

(APA/AFP/DPA/Reuters)

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