Griechen erwarten "Crash-Test für die Regierung"

Prime Minister Alexis Tsipras in the Hellenic Parliament Hellenic Parliament discussing about the in
Prime Minister Alexis Tsipras in the Hellenic Parliament Hellenic Parliament discussing about the inimago/Wassilis Aswestopoulos
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Die griechischen Zeitungen gehen von schwierigen Diskussionen im Parlament aus. Viele Abgeordnete könnten Ministerpräsident Tsipras die Zustimmung verweigern.

Die griechische Regierung hat vor einem Scheitern des Abkommens mit den Kreditgebern im Athener Parlament und einem Auseinanderbrechen der Regierung gewarnt. "Wenn das Abkommen nicht die Zustimmung der Abgeordneten der Regierungsmehrheit erhält, kann die Regierung nicht bestehen bleiben", sagte Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis am Dienstag im griechischen Fernsehen. Sakellaridis appellierte an die "individuelle Verantwortung" der Parlamentarier.

Die griechische Regierung und die Gläubiger der Eurozone hatten sich bei einem Sondergipfel am Montagabend darauf geeinigt, bis Donnerstag früh Ergebnisse in den Verhandlungen über den Schuldenstreit zu erzielen. Die neuen Reformvorschläge aus Athen, überwiegend Steuererhöhungen und eine Pensionsreform, wurden von den Geldgebern überwiegend positiv bewertet. Für Mittwochabend wurde ein weiteres Treffen der Euro-Finanzminister angesetzt.

Regierungssprecher Sakellaridis sagte, der Druck der Geldgeber auf Athen, weitere Zugeständnisse zu machen, sei weiterhin hoch. Für seine Regierung komme es aber nicht infrage, über den jüngsten Vorschlag hinaus weitere Kürzungsmaßnahmen zu akzeptieren. "Wir brauchen bis zum Ende der Woche ein Abkommen und wir sind dazu bereit. Die nächsten 48 Stunden werden entscheidend sein", so Sakellaridis.

"Soziales Blutbad"

Griechenlands Medien sehen Regierungschef Alexis Tsipras in Erklärungsnöten. "Auf dem Weg zur Einigung mit Sparmaßnahmen in Höhe von 7,9 Milliarden Euro", titelt die konservative Zeitung "Kathimerini" am Dienstag. Tsipras müsse jetzt seinem Parlament und seiner Partei erklären, warum er von seinen Wahlversprechen so sehr abweiche. Einen "Crash-Test für die Regierung" erwartet das Blatt.

Der griechische Vize-Parlamentspräsident Alexis Metropoulos sieht die Verabschiedung des aktuellen Reformangebots der griechischen Regierung durch das Athener Parlament aber kritisch. Die Abgeordneten könnten dagegen stimmen, sagt der Politiker der linken Regierungspartei Syriza im Fernsehen. Mitropoulos sagte zu "Greek Mega TV", das Volk werde das "soziale Blutbad" nicht akzeptieren. Ihm zufolge könnten viele Abgeordnete der Vorschlagsliste von Regierungschef Alexis Tsipras die Unterstützung verweigern.

"Keine leichte Aufgabe"

Auch für den ehemaligen griechischen Außenminister Dimitris Droutsas gehe es um sehr, sehr harte Maßnahmen. "Es geht um Einsparungen von knapp acht Milliarden Euro in den nächsten eineinhalb Jahren." Es gelte nun, das Sparpaket durch das griechische Parlament zu bringen. "Das wird keine leichte Aufgabe sein für Herrn Tsipras", so Droutsas.

Einige Syriza-Abgeordnete hätten bereits Widerstand angekündigt. Tsipras könne seinen Versprechen aus dem Wahlkampf nicht mehr nachkommen, einige Bürger würden bereits von Lügen sprechen. Das Sparpaket sei das Gegenteil seiner Versprechen, sagte Droutsas. "Jetzt steht er eben da, quasi wie der König ganz nackt ohne Kleidung."

Die von der linksradikalen Syriza-Partei und den rechtspopulistischen "Unabhängigen Griechen" gebildete Koalition stellt 162 der 300 Abgeordneten - mehr als elf Abweichler kann sich Regierungschef Alexis Tsipras also nicht leisten. Würde er eine Mehrheit nur mit Hilfe der Opposition erreichen, wäre eine Regierungskrise die Folge.

"Schmerzhafter Kompromiss"

Aus Sicht der griechischen Öffentlichkeit hat Tsipras zuletzt erhebliche Zugeständnisse an die Geldgeber gemacht. "Wir zahlen acht Milliarden Euro und die Gläubiger wollen mehr", titelt die Athener Zeitung "Ta Nea". Es gebe zwar positive Reaktionen seitens der Verhandlungspartner, aber noch kein Wort über die Umstrukturierung des griechischen Schuldenberges. Tsipras stehe vor einer Konfrontation mit seiner Partei Syriza. "In die Richtung eines schmerzhaften Kompromisses", schreibt die linke Zeitung "Efimerída ton Syntaktón" auf ihrer Titelseite.  Die Lasten des neuen Sparprogramms würden dieses Mal die Reichen tragen, zitiert das Blatt den Regierungschef.

"Sparabkommen - Schock", titelt die konservative Athener Zeitung "Eleftheros Typos". Die Hinhaltetaktik der griechischen Regierung habe zu einem aufgeblasenen neuen Sparprogramm in Höhe von 7,9 Milliarden Euro geführt. Die in der Hafenstadt Thessaloniki erscheinende Zeitung "Angeliaforos" schreibt: "22 Sparmaßnahmen - 7,9 Milliarden Euro". Alexis Tsipras sei entschlossen, auch wenn es teuer wird, das Land aus der Zeit der Krise herauszuführen.

Die Tsipras-Regierung hat Steuererhöhungen und Pensionsreformen vorgeschlagen, die in ersten Reaktionen positiv von den Gläubigern aufgenommen wurden. Sie werden nun von Fachleuten im Detail geprüft. Die Gläubiger wollen weitere Hilfen nur bei Reformen gewähren, um die seit Jahren lahmende griechische Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen.

(APA/dpa)

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