Billiges EZB-Geld bringt Konjunktur in Schwung

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Die Kreditvergabe der Banken zieht an. Experten sprechen bereits von einem "Schlüsselfaktor" für den Wirtschaftsaufschwung in der zweiten Jahreshälfte.

Seit Monaten flutet die Europäische Zentralbank (EZB) die Eurozone mit billigem Geld. Das Öffnen der Schleusen hat vor allem ein Ziel: Die Währungshüter wollen die Kreditvergabe ankurbeln und auf diese Weise gegen die Konjunkturflaute ankämpfen. Das in Europa beispiellose Vorgehen, das vor allem in Deutschland viele Kritiker auf den Plan rief, scheint mittlerweile aufzugehen. In der Eurozone springt die Kreditvergabe wieder an. Schon sprechen Experten von einem "Schlüsselfaktor" für den Wirtschaftsaufschwung in der zweiten Jahreshälfte.

In der Hochphase der Euro-Schuldenkrise war der sogenannte geldpolitische Transmissionskanal, der Weg des Geldes von der Notenbank über die Geschäftsbanken zu den Unternehmen und Verbrauchern, plötzlich verstopft. Das billige Geld kam oft gar nicht bei Firmen an, die es dringend für laufende Geschäfte oder neue Investitionen brauchten.

Kreditvergabe legt zu

Nach Einschätzung von Experten des Bankhauses Metzler hat sich die Lage mittlerweile deutlich gebessert. Es sei geglückt, "die Eurozone in einen Aufschwung mit einem funktionierenden geldpolitischen Transmissionsmechanismus zu überführen", hieß es in einer Analyse. Jüngste Statistiken zeigen wieder deutliche Lebenszeichen bei der Kreditvergabe. Laut EZB war sie in der Eurozone im Mai um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Zuvor hatte es April nur einen minimalen Zuwachs um 0,1 Prozent gegeben, allerdings war es der erste seit April 2012.

Für den Chefvolkswirt für Deutschland des Bankhauses Julius Bär, David Kohl, ist die Entwicklung der Kreditvergabe von entscheidender Bedeutung für die weitere konjunkturelle Entwicklung im gemeinsamen Währungsraum. "Die Kreditdynamik ist der Schlüsselfaktor für den Aufschwung in der Eurozone", sagt Kohl. Er rechnet mit einer vergleichsweise starken Aufwärtsbewegung in der zweiten Jahreshälfte.

Noch nicht über dem Berg

Es ist jedoch noch ein weiter Weg, bis der geldpolitische Transmissionskanal in der Eurozone wieder völlig reibungslos funktioniert und der Konjunkturmotor auf Hochtouren läuft. Noch kann das Geld nämlich vor allem in den Südstaaten der Eurozone nicht ungehindert in die Wirtschaft fließen. Dafür haben einfach zu viele Geldhäuser mit Bilanzproblemen zu kämpfen.

So sitzen beispielsweise die Finanzinstitute in Spanien nach dem Platzen der Immobilienblase in der Wirtschaftskrise nach wie vor auf einem Berg fauler Kredite. Die Summe ist zwar seit Anfang 2014 rückläufig, verharrt aber weiter auf einem vergleichsweise hohen Niveau.

Die Kritiker der extrem expansiven Geldpolitik sind derzeit verstummt. Ohne Zweifel zeigen die Maßnahmen der Notenbank positive Wirkungen. Gleichzeitig ist von der gefürchteten Inflation in Folge der Geldflut weiterhin keine Spur. Im Gegenteil: Die Inflation ist seit vielen Monaten ungewöhnlich gering und es gibt keine Hinweise, dass sich das in den kommenden Monaten ändern könnte. Die Währungshüter dürften daher bis auf Weiteres keinen Anlass sehen, die Geldschleusen auch nur einen Spalt breit zu schließen.

(APA/dpa)

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