"Gesundenuntersuchung" bei griechischen Banken

A man walks past Greek national flags and European Union flags on display outside a shop in central Athens
A man walks past Greek national flags and European Union flags on display outside a shop in central Athens(c) REUTERS
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Die Gespräche über ein drittes Hilfspaket könnten bereits heute in Athen beginnen – es geht um 86 Mrd. Euro.

Brüssel/Wien. Nach der Deadline ist vor der Deadline. Am 20.Juli meisterte das bis über beide Ohren verschuldete Griechenland die erste Hürde, als es eine Rückzahlung an die Europäische Zentralbank von rund 3,5Milliarden Euro mithilfe eines Überbrückungskredits tätigen konnte. Am 20.August wird die nächste EZB-Rate von 3,2 Milliarden Euro fällig – und bis dahin sollten sich Athen und seine europäischen Geldgeber über ein Hilfsprogramm einig sein.

Die Zeit für Verhandlungen ist somit knapp bemessen. „In den kommenden Tagen“ sollen nach Auskunft der EU-Kommission Experten der Geldgeber nach Athen reisen, um mit den Gesprächen zu beginnen – zuvor wurde in Athen der heutige Samstag als Verhandlungsbeginn kolportiert. Es geht um ein Paket im Gesamtumfang von bis zu 86 Milliarden Euro und einer Laufzeit von drei Jahren. Den Löwenanteil des benötigten Geldes (die Rede war zuletzt von rund 50 Milliarden Euro) soll der Euro-Rettungsschirm ESM beisteuern.

Ungeklärt blieb bis zuletzt, ob der Internationale Währungsfonds auch dieses Mal mit an Bord sein würde – der IWF hatte im Rahmen der ersten zwei Hilfsprogramme rund 32MilliardenEuro nach Athen überwiesen. Doch der Währungsfonds sieht einen Schuldenschnitt als Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Programm, während die europäischen Gläubiger eine (nominelle) Streichung der griechischen Verbindlichkeiten ablehnen. Der Haken: Deutschland machte zuletzt die Teilnahme des IWF am Hilfsprogramm zur Conditio sine qua non. Innerhalb der kommenden Wochen muss also ein Weg gefunden werden, um den Währungsfonds einzubinden. Die Griechen wollen jedenfalls den Deal bis zum 12.August fixieren – denn in einigen Mitgliedstaaten (etwa in Deutschland) müssen noch die nationalen Parlamente grünes Licht geben.

Noch vor diesem Datum wird aber vermutlich die brennende Frage nach der Solvenz der griechischen Banken beantwortet werden müssen. Nach dreiwöchiger Sperre sind die Institute zwar seit vergangenem Montag wieder geöffnet – die Kapitalkontrollen bleiben weiter aufrecht –, doch sie stecken in ernsthaften Schwierigkeiten: Erstens haben die griechischen Sparer ihre (in Euro denominierten) Ersparnisse im Lauf der vergangenen Monate von den Konten abgezogen, und zweitens steuert auf die Banken eine Welle an faulen Krediten zu, denn die dreiwöchige Unterbrechung des Zahlungsverkehrs hat viele Unternehmen in Existenznot gebracht.

Seit Wochen wird darüber spekuliert, dass von den vier größten Banken Griechenlands nur zwei die Krise überleben könnten. Am vergangenen Donnerstag hat das Parlament in Athen die Bankenabwicklungsrichtlinie der EU (BRRD) in der griechischen Gesetzgebung verankert – eine Grundbedingung der Kreditgeber. Somit können von nun an Institute geordnet abgewickelt bzw. rekapitalisiert werden (und zwar unter Beteiligung großer Bankkunden und -gläubiger).

Nach Ansicht des französischen EZB-Ratsmitglieds Christian Noyer müsse nun gehandelt werden. Noch vor der planmäßigen „Gesundenuntersuchung“ durch die EZB im Herbst müssten die griechischen Institute erste Kapitalhilfen erhalten, sagte Noyer dem „Le Monde“.

„Unsere großartige Partei“

Indes versucht der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, sich als Hoffnungsträger der kriselnden Regierungspartei Syriza zu etablieren. Er wolle keinesfalls „unsere großartige Partei“ spalten, sagte Varoufakis dem deutschen Sender ZDF – um im selben Atemzug zu bedauern, dass die Kader um Premier Alexis Tsipras das Nein der griechischen Bevölkerung beim Referendum am 5.Juli nicht als Chance verstanden hätten, die Verhandlungen mit den Geldgebern in Brüssel noch härter zu führen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2015)

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