Die Abwertung des Yuan dient der Internationalisierung

Chinese tourists take photographs of themselves outside of the New York Stock Exchange shortly after the opening bell in New York
Chinese tourists take photographs of themselves outside of the New York Stock Exchange shortly after the opening bell in New YorkREUTERS
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Währungskrieg? China verfolgt nur das Ziel einer weiteren Liberalisierung – wie international oft gefordert.

Peking. Er fällt und fällt. China hat den dritten Tag in Folge seine Währung Yuan gegenüber dem US-Dollar abgewertet. Der Referenzwert des Yuan zum Dollar sei im Vergleich zum Vortag um 1,11 Prozent gesenkt worden, teilte das Devisenhandelssystem der Volksrepublik am Donnerstag in Peking mit. Ein US-Dollar sei nun 6,4010 Yuan wert. Bereits am Dienstag hatte die chinesische Notenbank den Referenzkurs der heimischen Währung überraschend um 1,9 Prozent gesenkt. Dieses Vorgehen wurde als "einmalige Aktion" bezeichnet, am Mittwoch senkte die chinesische Zentralbank den Referenzkurs des Yuan im Vergleich zum Dollar aber ein weiteres Mal um 1,6 Prozent - und verunsicherte damit Anleger in aller Welt. Die Aktienkurse gingen weltweit auf Talfahrt.

Es handelt sich um die stärkste Abwertung des Yuan seit mehr als 20 Jahren. China will damit der heimischen Exportindustrie unter die Arme greifen, die im Juli um mehr als acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen war. Mit einer schwächeren Währung werden die chinesischen Exporteure auf dem Weltmarkt wieder konkurrenzfähiger, so die Hoffnung.

Die chinesische Zentralbank geht Insidern zufolge gegen den starken Kursrutsch der Landeswährung Yuan vor. Die Zentralbank wies staatseigene Geldhäuser an, in ihrem Auftrag Yuan zu festgesetzten Preisen zu kaufen, sagten mehrere mit der Sache vertraute Banker am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.

USA warnen vor Rückfall in alte Politik

Schon mehren sich die Klagen, die chinesische Führung würde ganz massiv den Wechselkurs manipulieren und sich auf diesem Weg Exportvorteile verschaffen. Denn ein billiger Yuan macht auf den Weltmärkten chinesische Produkte entsprechend billiger. Allen voran US-Politiker warnen vor einem Rückfall in Chinas alte Währungspolitik. Der rechtspopulistische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump sprach von „verheerenden Folgen“. Doch so überraschend es klingen mag: Genau das Gegenteil ist der Fall. Die jüngste Abwertung ist Teil einer weiteren Liberalisierung der chinesischen Währung.

Die chinesische Führung hat in den vergangenen Monaten mehrfach betont, dass sie an ihrem Ziel festhalten wolle, den Yuan zu flexibilisieren und ihn sehr viel stärker den Marktmechanismen auszusetzen. Denn China will seine Währung internationalisieren. Und ein – wenn auch eher symbolischer Schritt – steht unmittelbar bevor: Im Herbst wird der Internationale Währungsfonds (IWF) über die Aufnahme des Yuan in seinen Währungskorb entscheiden. Peking hofft darauf, dass der Yuan neben Dollar, Euro, Pfund und Yen ebenfalls als globale Reservewährung anerkannt wird. Das setzt allerdings voraus, dass Peking seine Zügel über die Landeswährung lockert und sich an internationale Standards hält.

Handelsvorteile durch Manipulation

Anders als andere Währungen ist der Yuan bis heute nicht frei schwankend. Die Zentralbank, die unmittelbar den Anweisungen der chinesischen Führung folgt, legt jeden Tag aufs Neue einen Kurs zum Dollar fest. Jeder Dollar, jeder Euro und jeder Yen, der nach China fließt, wird von der Zentralbank einbehalten, die zu dem von ihr definierten Wert wiederum Yuans austeilt.

Viele Jahre lang hatte China seine wirtschaftliche Entwicklung befeuert, indem es seine Währung allen voran zum Dollar äußerst niedrig ansetzte. In der Volksrepublik hergestellte Produkte waren im Ausland billig. Mit dieser speziellen Währungspolitik konnte die chinesische Führung enorme Exportüberschüsse erzielen. Die Währungsreserven liegen auch derzeit noch bei gigantischen 3,7 Billionen Dollar. Zu Recht monierten die USA, China würde sich auf unredliche Weise Handelsvorteile verschaffen.

In den vergangenen Jahren hat sich die Aufregung um Chinas Währungspolitik aber deutlich gelegt. Der Yuan bleibt zwar am Dollar gekoppelt. Seit knapp zwei Jahren lässt die chinesische Zentralbank aber immerhin eine tägliche Handelsspanne von plus/minus zwei Prozent zu.

China kann mit den USA nicht mithalten

Seit einiger Zeit läuft es auch mit Chinas Wirtschaft nicht mehr rund. Viele Branchen leiden unter Überkapazitäten, das Industriewachstum schwächt sich ab. Vor allem die Exporte brechen ein. Letzteres steht eben nicht zuletzt im Zusammenhang mit der extrem lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.

Im vergangenen Jahr hat der Euro zum Yuan mehr als 30 Prozent an Wert verloren. Der Verdacht liegt daher nahe, dass nun auch China mit seiner jüngsten Abwertung in den Wettkampf um die niedrigste Währung einsteigt.

Dieses Mal sei dieser Vorwurf nicht berechtigt, schreibt der in Peking lebende Finanzanalyst Arthur Kroeber vom unabhängigen Wirtschaftsinstitut Draegonomics. Er verweist auf die momentan robuste US-Wirtschaft. Und tatsächlich: Die Industrieproduktion in den USA steigt, die Arbeitslosigkeit geht zurück. Seit Monaten wird erwartet, dass die US-Notenbank Fed ihre Niedrigzinspolitik aufgibt und die Leitzinsen anheben könnte. Vor allem den Schwellenländern droht eine massive Kapitalflucht, weil Anleger ihr Geld abziehen und lieber in den USA investieren.

Mit einer so guten Wirtschaftslage kann China derzeit nicht mithalten. Würde die chinesische Zentralbank weiter rigide an der Dollar-Bindung festhalten, müssten sich die Chinesen den umgekehrten Vorwurf gefallen lassen, dass sie ihre Währung überbewerten, so Kroeber.

Anders als die alarmistischen Töne einiger US-Politiker begrüßt der IWF denn auch die jüngsten Schritte der chinesischen Zentralbank. Sie seien ein „willkommener Schritt“ in Richtung einer weiteren Öffnung und größeren Flexibilität. Genau das wurde international von Chinas Führung stets gefordert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2015)

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