VW-Dieselskandal: "Nur die Spitze des Eisbergs"

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FILE USA BUSINESS VOLKSWAGENAPA/EPA/ERIK S. LESSER
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Volkswagen hat in den USA Abgaswerte manipuliert. Umweltschützer sind überzeugt davon, dass der Skandal größere Dimensionen hat.

Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen in den USA ist nach Angaben des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) nur "die Spitze des Eisbergs". Der VCD habe den Verdacht, dass die Abgaswerte bei offiziellen Tests viel niedriger sind als im realen Verkehr, schon 2013 geäußert und in den Folgejahren immer wieder Nachprüfungen gefordert, erklärte der VCD am Montag in Berlin. "Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass neben Volkswagen auch andere Konzerne die Abgaswerte manipulieren und das nicht nur in den USA", erklärte der verkehrspolitische Sprecher des VCD, Gert Lottsiepen.

Als Reaktion auf die Affäre will der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt sämtliche Diesel-Modelle des Autobauers auf dem deutschen Markt überprüfen. Er habe das Kraftfahrtbundesamt angewiesen, bei den VW-Dieselmodellen jetzt umgehend strenge spezifische Nachprüfungen durch unabhängige Gutachter zu veranlassen, sagte der CSU-Politiker der "Bild"."

Zudem fordert die deutsche Regierung von den Autoherstellern jetzt Klarheit, ob die Manipulation von Abgaswerten auch über die USA hinaus möglich ist. Unter anderem soll das Kraftfahrtbundesamt prüfen. "Wir erwarten von den Automobilherstellern belastbare Informationen, damit das Kraftfahrtbundesamt als zuständige Genehmigungsbehörde prüfen kann, ob vergleichbare Manipulationen am Abgassystem auch in Deutschland und Europa stattgefunden haben", sagte am Montag ein Sprecher des deutschen Umweltministeriums in Berlin.

VCD: Hersteller suchen neue Schlupflöcher

Die EU müsse nun reagieren, fordert Experte Lottsiepen. Zwar sei die Einführung von Realmessungen von Luftschadstoffen schon beschlossen, die Hersteller versuchten aber bereits, sich Schlupflöcher zu sichern.

Beim Vorwurf der Manipulation gehe es dann nicht nur um das gesundheitsschädigende Stickstoffdioxid NO2 aus Dieselmotoren und die Partikel aus direkteinspritzenden Benzinern, sondern auch um das Treibhausgas CO2 und damit den Kraftstoffverbrauch. Seit 2003 werde die Kfz-Steuer teilweise nach dem CO2-Ausstoß festgesetzt. Allein bei den Neuwagen eines Verkaufsjahres entgingen dem Fiskus durch Herstellertricksereien über 200 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr, rechnete Lottsiepen vor.

Auch der deutsche Umweltschutzverband Nabu hält es für naheliegend, dass neben VW auch andere Hersteller manipulierten, und zwar auch in Europa. Der Abgasskandal in den USA müsse ein Weckruf für die Autoindustrie und die deutschen Behörden sein, forderte Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Auch bei den Verbrauchsgrenzwerten tricksten die Hersteller "bis tief in den dunkelgrauen Bereich".

Dem deutschen Automobilclub ADAC fallen nach eigenen Angaben schon seit Jahren Abweichungen bei Abgastests auch in Deutschland auf. Seit 2003 überprüfe man jährlich 150 Autos auf das Kohlenstoffdioxid sowie die Schadstoffe, die sie abgeben. "Das sagen wir seit Jahren, dass die Herstellerwerte nicht stimmen", berichtete ein Sprecher am Montag in München. Das liege daran, dass der ADAC bei den Abgas- und Verbrauchsmessungen strengere Maßstäbe anlege. "Da wird nicht betrogen aus unserer Sicht. Der legale Rahmen in Deutschland ist einfach zu lasch."

EPA testet weitere Diesel-Fahrzeuge

In den USA will indes die Umweltbehörde EPA weitere Diesel-Fahrzeuge auf den Prüfstand stellen. Die Behörde teilte am Montag mit, es werde untersucht, ob auch bei anderen Fahrzeugen Software zur Manipulation von Abgasnormen zum Einsatz gekommen sei.

APA

Auf einen Blick

Der Skandal um manipulierte Abgaswerte war am Freitag bekannt geworden. Nach Angaben der US-Umweltbehörde EPA entwickelte Volkswagen eine Software, mit der Vorgaben zur Luftreinhaltung zwar bei Tests, nicht aber beim normalen Betrieb der Autos erfüllt wurden.

(APA)

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