VW sagt kostenlose Nachbesserungen für manipulierte Diesel zu

APA/dpa/Rainer Jensen
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Österreichs Verkehrsministerium sieht unterdessen Deutschland in der Pflicht. Österreich könne keine Typengenehmigungen für VW-Autos entziehen.

Wichtige Nachricht für Millionen verunsicherte Besitzer von Dieselautos aus dem Volkswagen-Reich: Der Konzern bereitet eine Nachbesserungsaktion für die von den Abgasmanipulationen betroffenen Fahrzeuge vor. Sie soll die Besitzer nichts kosten. Das Unternehmen habe sich einen Zeithorizont von wenigen Wochen gesetzt, in dem die Maßnahmen vorgestellt werden sollen, sagte ein VW-Sprecher am Samstag.

Zuvor hatten sich Forderungen nach einem schnellen Rückruf der Autos gehäuft. Vor gut einer Woche hatte die US-Umweltbehörde EPA mitgeteilt, Volkswagen habe eine spezielle Software eingesetzt, um die Messung des Schadstoffausstoßes bei Abgastests zu manipulieren.

Die betroffenen elf Millionen Fahrzeuge weltweit seien identifiziert. "Ich denke, dass die Händler ab nächster Woche aussagefähig sind", sagte der VW-Sprecher mit Blick auf verunsicherte Kunden. Die Autohalter könnten mit den betroffenen Fahrzeugen zunächst einmal fahren. Sie würden alle angeschrieben.

"Rückruf- oder Servicekation" geplant

Das Vorgehen bei der Beseitigung der Softwarefehler werde für die einzelnen Märkte mit den jeweiligen Behörden abgestimmt. "Das kann eine Rückrufaktion sein, aber auch eine Serviceaktion." Die Kosten für die Nachbesserung werde Volkswagen übernehmen. Wie hoch diese für den Autobauer sein werden, stehe noch nicht fest. "Es sind gewaltige Kosten, aber es ist völlig selbstverständlich, dass die Kunden nicht auf den Kosten sitzengelassen werden."

Es werfe einen Schatten auf die Versprechen deutscher Unternehmen, wenn sich ein Weltkonzern wie VW derart eklatant über Umweltregeln hinwegsetze, sagte die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) dem "Handelsblatt". Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) ergänzte im "Tagesspiegel am Sonntag", der Wolfsburger Dax-Konzern müsse nun unter neuer Führung Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. "Wir brauchen eine Garantie dafür, dass Autos deutscher Hersteller Normen einhalten, ohne dass manipuliert wird." Daimler-Chef Dieter Zetsche wies jede Form von Trickserei für sein Unternehmen zurück.

Deutschland dürfte nun aber nicht nur VW- sondern auch Mercedes-und BMW-Autos in Sachen Emissionsausstoß unter die Lupe nehmen.

Sowohl SPD-Politikerin Hendricks als auch CDU-Mann Altmaier argumentierten mit Sorgen um den Standort. "Die Glaubwürdigkeit der deutschen Industrie ist ein hohes Gut. Die Marke 'Made in Germany' darf deshalb nicht in Mitleidenschaft gezogen werden", sagte die Umweltministerin. Altmaier betonte, VW sei für das Image der deutschen Wirtschaft mitverantwortlich. Die Aufklärung des Falls sei das Unternehmen aber auch den eigenen Mitarbeitern und Kunden schuldig.

Weltweit sind elf Millionen Fahrzeuge verschiedener Marken des Konzerns betroffen, davon 2,8 Millionen in Deutschland. Bei der Kernmarke VW sind es laut Angaben aus Wolfsburg insgesamt fünf Millionen. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Modelle aus mehreren Baujahren, etwa den Golf der sechsten Generation, den Passat der siebenten Generation und die erste Generation des Tiguan. Verbaut ist ein Motor mit der Typbezeichnung EA 189 in 1,6- und 2-Liter-Varianten, der etwa auch bei Audi und Skoda zum Einsatz kam.

"Wir arbeiten mit Hochdruck an einer technischen Lösung, die wir so rasch wie möglich dem Handel, unseren Kunden und der Öffentlichkeit präsentieren werden", hatte VW-Markenchef Herbert Diess am Freitag angekündigt. Alle VW-Neuwagen, die über die Euro-6-Norm verfügten, seien nicht von den Manipulationen betroffen. Dazu gehörten unter anderem die aktuellen Modelle des Golf, Passat und Touran.

Stöger: "Deutschland in der Pflicht"

Hendricks sagte auch: "Wir arbeiten derzeit in Brüssel an neuen, ehrlichen Messverfahren. Wir dürfen uns nicht nur auf Tests im Labor verlassen", sagte sie dem "Handelsblatt" (Montag). Es müsse "im realen Fahrbetrieb gemessen werden, was aus dem Auspuff rauskommt". Das fordern in Österreich auch Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) und Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP).

In der Pflicht sieht Stöger aber Deutschland: "Da in Österreich für Autos bisher keine europäischen Typengenehmigungen ausgestellt wurden, können sie von den österreichischen Behörden nicht entzogen werden. Betreffend VW ist also Deutschland in der Pflicht", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme des Ministeriums am Samstag gegenüber der APA. Umgehend würden Prüfberichte, die derzeit in Deutschland erstellt werden, nach Österreich weitergeleitet. Grüne und NEOS hatten gefordert, auch in Österreich müsse eigens kontrolliert werden.

Die deutsche Umweltministerin räumte indes auch ein, es sei allgemein bekannt gewesen, dass die im Labor ermittelten Werte nicht mit dem übereinstimmten, was im realen Fahrbetrieb stattfinde. Das sei der Grund, warum die EU ein neues Messverfahren beschlossen habe. Das habe aber nichts mit dem zu tun, was VW getan habe.

Am Freitag hatte der VW-Aufsichtsrat Porsche-Chef Matthias Müller als neuen Vorstandsvorsitzenden bei Europas größtem Autobauer berufen. Nach Ansicht von Aktionärsvertretern muss Müller die Manipulationen umfassend aufklären. "Er muss den Skandal transparent machen und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen", sagte der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, der Deutschen Presse-Agentur. "Man muss letztlich mit dem eisernen Besen da durchgehen. Diejenigen, die den Skandal verursacht haben, müssen bestraft werden." Zudem müsse der neue Chef die Ertragskraft erhalten - auch damit der Autobauer die zu erwartenden Strafzahlungen schultern könne.

(APA)

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