VW-Image auch in China angekratzt

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Der Dieselskandal erinnert China an vergangene Probleme mit Volkswagen. Das Herunterspielen von Fehlern kommt vielen bekannt vor.

Peking. Die Manipulation der Abgaswerte von Millionen von Dieselfahrzeugen hat keineswegs nur das Vertrauen der Volkswagen-Kunden in den USA und Europa erschüttert. Obwohl VW in China kaum Dieselfahrzeuge verkauft, sind auch die Chinesen über das Vorgehen des deutschen Autobauers entsetzt. Kommentatoren spekulieren in den Medien über das Ende von VW. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua schreibt von „mehr als zehn Millionen Betrugsautos“. Und auch in den sozialen Netzwerken reichen die Kommentare von Häme über Fassungslosigkeit bis zu Wut.

Viele Chinesen fühlen sich erinnert an das Vorgehen vor zwei Jahren bei dem Skandal um defekte Automatikgetriebe. Auch damals sah das VW-Management zunächst wenig Handlungsbedarf, versuchte das Problem herunterzuspielen – und schrammte knapp an einem Imagedebakel vorbei. Schon damals zeigten sich die Auswirkungen des Systems Winterkorn – bloß weit weg von Deutschland in China.

Probleme mit Automatik

Anfang 2012 hatten sich VW-Fahrer in China über Probleme mit der Elektronik beim sogenannten Direktschaltgetriebe (DSG) beklagt. Diese Getriebe sollen eigentlich die Vorteile von automatischer Gangschaltung mit denen eines Schaltgetriebes verbinden. Bei den verkauften Autos in China funktionierte das DSG allerdings nicht reibungslos, sondern ruckelte beim Schalten. Manchmal blieben die Fahrzeuge auch ganz stehen. Zu einem schweren Unfall ist es nicht gekommen. Zumindest ist keiner bekannt geworden, der unmittelbar auf diesen technischen Fehler zurückzuführen ist.

Als dieses Problem in den darauffolgenden Wochen erstmals in den sozialen Medien zur Sprache kam und auch chinesische Journalisten anfingen, darüber zu berichten, wiegelte die China-Zentrale von VW in Peking zunächst ab und bezeichnete dieses Problem als „unwesentlich“. Zwischendurch hieß es auf Anfrage gar, Chinesen könnten nicht Auto fahren. Doch das Pekinger Volkswagen-Management unterschätzte offensichtlich den chinesischen Verbraucher. Vor allem in den sozialen Netzwerken war die Wut über den Konzern groß. Blogger warfen VW Arroganz vor. Der deutsche Konzern würde chinesische Autokäufer zweitklassig behandeln.

Erst Monate später sagte VW eine erweiterte Garantie zu und bot an, die Autos in der Werkstatt mit einer neuen Software zu bespielen. Einen technischen Fehler wollte das Unternehmen aber auch weiter nicht zugeben. Im Gegenteil: Das Software-Update wurde als eine großzügige Leistung dargestellt, die gar nicht wirklich notwendig sei. Erst als im März 2013 die viel beachtete Verbraucherschutzsendung „3.15“ im chinesischen Staatsfernsehen das Problem aufgriff und am nächsten Tag das chinesische Amt für Qualitätsaufsicht (AQSIQ) Volkswagen aufforderte, das Problem anzugehen, reagierte der Konzern. Noch am gleichen Tag rief VW 680.000 Fahrzeuge zurück.

Mogeln, um Ziele zu erreichen

Dieses Vorgehen in China zeigte bereits, welche Folgen ein bestimmter Managementstil haben kann: Der inzwischen zurückgetretene VW-Chef Martin Winterkorn definierte höchst ehrgeizige Ziele und soll bei ihrer Einhaltung keinen Widerspruch geduldet haben. Wurden diese Ziele nicht erreicht oder traten Probleme auf, verleitete das die Untergebenen mitunter zum Mogeln und Vertuschen.

Auch in China fragen sich jetzt viele Autoexperten, wie es für Volkswagen weitergeht. Noch bevor der Dieselskandal vor knapp zwei Wochen ans Licht kam, galt der chinesische Markt angesichts zurückgehender Verkaufszahlen als größter Risikofaktor für den größten deutschen Autohersteller. Nun wirkt China geradezu wie ein Segen. Dabei dürfte das Image-problem auch den chinesischen Markt hart treffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2015)

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