Erster deutscher Anleger klagt gegen VW

Symbolbild zur massiven Kapitalvernichtung durch den Kurseinbruch der VW Aktie nach Bekanntwerdung d
Symbolbild zur massiven Kapitalvernichtung durch den Kurseinbruch der VW Aktie nach Bekanntwerdung dimago/Ralph Peters
  • Drucken

Ein Aktionär hat durch die Abgasaffäre und den darauffolgenden Kurssturz der VW-Aktie Geld verloren. Die Telefone laufen heiß, heißt es aus einer Anwaltskanzlei.

Der VW-Aktie findet weiter kaum Halt. Die Papiere  rutschten am freittagvormittag zunächst auf 92,75 Euro ab - so tief wie seit Oktober 2011 nicht mehr. Seit Bekanntwerden des Abgasskandals vor zwei Wochen brachen die Papiere damit um rund 43 Prozent ein.

Nun hat der erste Anleger in Deutschland Klage eingereicht. Der Aktionär habe erst kürzlich VW-Aktien gekauft und durch die Affäre Geld verloren, sagte Marc Schiefer von der Kanzlei Tilp am Freitag in Kirchentellinsfurt bei Tübingen. Er fordere 20.000 Euro von dem Konzern. Die Kanzlei rechnet damit, dass weitere Klagen folgen werden. "Die Telefone laufen heiß", sagte Schiefer.

In Deutschland muss Volkswagen zwar nicht wie etwa in den USA oder Großbritannien mit Sammelklagen von Geschädigten rechnen, doch Anleger können mit einem Musterverfahren zumindest den Kursdifferenz-Schaden zurückfordern, den sie nach dem Absturz der VW-Aktie erlitten haben. Die Kanzlei Tilp will ein entsprechendes Verfahren anstoßen. Die VW-Aktie war durch den Skandal um manipulierte Abgaswerte um über 40 Prozent eingebrochen.

Bußgelder wegen Steuersubventionen möglich

Und die Chancen stehen nicht schlecht. Die Rechtsanwaltskanzlei Tilp argumentiert, dass der Konzern schon am 6. Juni 2008 eine Ad-hoc-Meldung hätte abgeben müssen. Damals beantragte VW die Zulassung eines manipulierten Jetta-Modells in den USA. VW hätte klar sein müssen, dass die Täuschung immense Strafzahlungen nach sich ziehen - und somit auch Auswirkungen auf den Börsenkurs haben könnte.

Aber der dickste Brocken wartet für die Wolfsburger wohl in den USA. Die Strafe für die Manipulationen liegt bei bis zu 18 Mrd. Dollar (16,1 Mrd. Euro). Auch in anderen Ländern drohen VW empfindliche Geldstrafen: Für jedes Auto, indem die Manipulationssoftware genutzt wurde, könnte in Australien eine Strafe von umgerechnet 687.800 Euro fällig werden. Weitere Strafen in weiteren Ländern könnten folgen. Im US-Bundesstaat Texas etwa hat ein Landkreis VW verklagt, weil der Autobauer die Verbesserung der Luftqualität untergraben habe. Harris County fordert umgerechnet rund 89 Mio. Euro für die etwa 6.000 VW-Diesel-Fahrzeuge, die dort verkauft wurden.

Die Gesamtsumme ist schwer zu beziffern. Laut der Kanzlei Tilp dürfte es in Deutschland für Aktionäre möglich sein, den Kurssturz-Schaden zurückzubekommenen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2011 mache dies möglich. Konkret heißt das: Aktionäre, die VW-Aktien zwischen einer mutmaßlich unterlassenen Ad-hoc-Meldung - beispielsweise am 6. Juni 2008 - und dem Bekanntwerden der Manipulationsaffäre am 18. September gekauft haben, können die durch den Kurssturz verlorene Summe zurückfordern. Im Vergleich zum Kurshoch im März dieses Jahres verlor VW fast 50 Mrd. Euro an Börsenwert.

Sammelaktion des VKI in Österreich

In Österreich bietet der Verein für Konsumentenschutzinformationen (VKI) VW-Kunden an, sich an einer Sammelaktion auf Schadenersatz zu beteiligen. Beim VKI haben sich binnen einer Woche  bereits 6.100 österreichische VW-Autobesitzer gemeldet, die von den Abgas-Manipulationen des deutschen Autobauers betroffen sind. "Das wird die größte Sammelaktion des VKI, die in Österreich je stattgefunden hat", sagte VKI-Rechtschef Peter Kolba am Donnerstag zur APA.

Die heimischen Konsumentenschützer prüfen Schadenersatzansprüche gegen Volkswagen und sind dazu schon mit US-Anwaltskanzleien in Kontakt. Der VKI will, gemeinsam mit anderen Verbraucherschutzorganisationen, eine Möglichkeit finden, wie Fahrzeughalter an Schadenersatz kommen können. Nach Angaben des Generalimporteurs Porsche Holding soll es in Österreich um 363.400 Autos gehen. In Österreich gibt es noch immer keine Möglichkeit zur Gruppenklage, obwohl dies seit mehreren Jahren im Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP steht.

Schweiz verhängt Zulassungsverbot

Indessen verbietet die Schweiz vorläufig die Zulassung davon betroffener Fahrzeuge. Eine entsprechende Weisung des Bundesamts für Straßen (Astra) gelte ab Montag für Diesel-Wagen, die erstmals in der Schweiz zugelassen werden sollen, wie die Behörde am Freitag mitteilte.

Damit soll verhindert werden, dass von den Abgasmanipulationen betroffenen Neu- und Gebrauchtwagen des VW-Konzerns auf die Schweizer Straßen kommen. Das Bundesamt für Straßen hatte das Zulassungsverbot bereits angekündigt.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wendelin Wiedeking
International

Staatsanwaltschaft fordert Haftstrafe für Ex-Porsche-Chef

Der Prozess kreist um Marktmanipulation im Zuge der gescheiterten Übernahme des VW-Konzerns. Die Anklage verlangte eine Freiheitsstrafe.
The Volkswagen AG Plant And Local Economy As Budgets Reined In Following Emissions Scandal
International

VW: Eintauschprämie statt Reparatur

Der Autobauer überlegt Alternativen zu teuren Nachbesserungen der manipulierten Motoren. Konzernchef Müller kalmiert chinesische Partner.
Thomas Sedran
International

Ex-Opel-Chef Sedran Chefstratege von Volkswagen

Sedran ist die zweite externe Verpflichtung von VW seit Bekanntwerden des Abgasskandals.
VW-Skandal: Eintauschprämie statt Reparatur?
International

VW-Skandal: Eintauschprämie statt Reparatur?

Volkswagen denkt angeblich über spezielle Angebote für Kunden mit manipulierten Dieselfahrzeugen nach.
Österreich

VW-Skandal betrifft auch österreichische Polizei

Mehr als 2300 Polizeiautos mit Dieselmotoren, bei denen die Manipulationssoftware eingebaut wurde, sind in Österreich unterwegs.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.