Jeder achte Mensch muss Schmiergeld bezahlen

Mann mit Euroscheinen bietet Geld an
Mann mit Euroscheinen bietet Geld an(c) BilderBox (Bilderbox.com)
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Politische Parteien, Beamte aber auch Firmen werden weltweit für korrupt gehalten, wie aus dem Jahresbericht von Transparency International hervorgeht. Fast jeder achte Mensch hat im vergangenen Jahr selbst Schmiergeld bezahlt.

Wer in Liberia von einem Arzt behandelt werden möchte oder einen Reispass braucht, muss Schmiergeld zahlen. 87 Prozent der Liberianer haben in den vergangenen zwölf Monaten "geschmiert", um an in Österreich selbstverständliche Dienstleistungen zu kommen. Das geht aus dem aktuellen Bericht der Anti-Korruptionsbehörde Transparency International hervor, für den über 73.000 Menschen in 69 Ländern befragt wurden. Im weltweiten Schnitt mussten 13 Prozent aller Befragten Schmiergeld bezahlen.

Kein Schmiergeld in Österreich

In Österreich hingegen gaben nur zwei Prozent der 751 Befragten an, Schmiergeld bezahlt zu haben. Das ist nach den Niederlanden und der Schweiz der niedrigste Wert in Europa. Dennoch werden auch in Österreich verschiedene Institutionen für korruptionsanfällig gehalten. Konkret halten

  • 37 Prozent politische Parteien,
  • 28 Prozent die Medien und
  • 26 Prozent privatwirtschaftliche Firmen

für korruptionsanfällig. Das passt auch zu den Ergebnissen des "Fraud Survey 2009" der Unternehmensberater von Ernst&Young. Das ergab unter anderem, dass immer mehr Österreicher Korruption sogar akzeptieren, wenn es dem eigenen Unternehmen hilft.

Kronzeugenregelung für Österreich

Transparency International (TI) fordert die Einführung einer Kronzeugenregelung zur Korruptionsbekämpfung in Österreich. Angesichts der bis zum Sommer geplanten Novelle des Antikorruptionsgesetzes plädierte der frühere Rechnungshofpräsident und TI-Beiratsvorsitzende Franz Fiedler für eine Präzisierung der Bestimmungen, aber gegen eine Entschärfung. Er kann sich etwa vorstellen, dass klarer definiert wird, wer ein "Amtsträger" ist.

Dass das sogenannte "Anfüttern" wieder straffrei wird, lehnt Fiedler allerdings ab.

Unter "Anfüttern" versteht man kleinere, aber wiederholte Zuwendungen an Beamte, mit denen sich beispielsweise Unternehmer ein freundliches Klima bei einer Behörde erkaufen wollen. Sofern mit diesen Geschenken keine direkte Amtshandlung verknüpft war, war diese Praxis bis 2008 straffrei. Seit dem Vorjahr riskieren öffentliche "Amtsträger" (also etwa Beamte), die derartige Geschenke annehmen, aber ein Jahr Haft. Wer Beamte "anfüttert" riskiert ein halbes Jahr Haft bzw. eine Geldstrafe. Als Geringfügigkeitsgrenze gilt ein Gegenwert von rund 100 Euro.

Parteibuchwirtschaft macht misstrauisch

Für den Politikwissenschafter Hubert Sickinger beruht das Misstrauen der Bevölkerung in die Parteien auf den Erfahrungen mit Parteibuchwirtschaft und Ämterpatronage. "Die Österreicher kennen ihre Parteien", sagt Sickinger, selbst Beiratsmitglied bei Transaprency International - Austrian Chapter. Tranparency-Österreich-Vorsitzende Eva Geiblinger betont, dass Österreich im internationalen Vergleich recht gut liege - "das heißt aber nicht, dass wir uns zurücklehnen können".

(Ag./Red.)

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