Konjunktur: Chinas Präsident in Sorge

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Am Montag präsentiert das Land seine jüngsten Wirtschaftsdaten, die Staatsführung warnte bereits zuvor vor übertriebenen Erwartungen.

Wien.„Wir machen uns Sorgen um die chinesische Wirtschaft“, räumte Chinas Präsident, Xi Jinping, am Wochenende ein. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters warnte die chinesische Staatsführung davor, übertriebene Erwartungen an die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu stellen. Diese dämpfenden Signale von Xi und seinem Ministerpräsidenten, Li Keqiang, sollen wohl einen allzu großen Schock an den globalen Finanzmärkten verhindern.

Denn heute, Montag, werden die Daten zum chinesischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das dritte Quartal 2015 veröffentlicht. Regierungschef Li sprach von Schwierigkeiten, das angepeilte Wachstumsziel von rund sieben Prozent zu erreichen – angesichts der globalen Abkühlung sei das „nicht einfach“, wird er auf der Internetseite seines Kabinetts zitiert. Experten rechnen mit einem Plus von 6,8 Prozent im abgelaufenen Quartal, das wäre das schwächste Plus seit der Finanzkrise 2009. Im ersten Halbjahr 2015 lag das Konjunkturwachstum noch bei sieben Prozent. Schwache BIP-Zahlen könnten unter anderem die zaudernde US-Notenbank Fed weiter von ihrer geplanten Zinsanhebung abhalten.

Die Ursachen für die trüben chinesischen Konjunkturaussichten liegen laut Xi sowohl außerhalb als auch in seinem Land. Er betont, China könne sich nicht von der schleppenden Entwicklung der Weltkonjunktur abkoppeln. Andererseits sei die wirtschaftliche Abkühlung eine „normale“ Folge der von der Staatsführung seit einiger Zeit forcierten Öffnung und Umstrukturierung des Landes. So will man verstärkt auf den Binnenkonsum als Wachstumsmotor setzen und Investitionen von den Bereichen Infrastruktur und Wohnungsmarkt hin zum Dienstleistungssektor und der Hightech-Industrie verlagern.

Xi lobt in dem Interview zudem die jüngsten Schritte der chinesischen Zentralbank. Die Abwertung des Yuan sei hilfreich gewesen. Im August hatte diese Maßnahme gemeinsam mit dem Kurssturz an Chinas Börsen für heftige Turbulenzen an den internationalen Aktienmärkten gesorgt.

Gefragter Handelspartner

Gleichzeitig mit dem Bekanntwerden der jüngsten chinesischen Wirtschaftsdaten trifft Xi heute, Montag, zu einem viertägigen Staatsbesuch in Großbritannien ein. Im Gespräch mit Reuters betonte er, sein Gastgeber sei gegenüber China offener eingestellt als die anderen westlichen Staaten. „Das ist eine visionäre und strategische Wahl, die ganz im Sinne der langfristigen Interessen Großbritanniens ist.“ Erst vergangenen Monat besuchte der britische Finanzminister, George Osborne, China. Dabei machte er Großbritanniens Verlangen nach dem fernöstlichen Handelspartner deutlich: „Wir wollen Chinas bester Partner im Westen sein.“ Eine stärkere Kooperation der Finanzmärkte ist angepeilt. Daneben, teilte Osborne auf seinem Staatsbesuch mit, wolle sein Land sich von den Chinesen ein neues Atomkraftwerk bauen lassen. Es wird erwartet, dass Xi nun mit Geschäftsverträgen im Gepäck anreist und ein Deal über ein Atomkraftwerk im Südwesten Englands besiegelt wird. Zwei staatseigene chinesische Energieversorger sollen mehr als 22 Milliarden Euro zu dem Bau zuschießen, den der französische Konzern EDF errichten soll.

Doch nicht nur die Briten sind zurzeit um die Gunst Chinas bemüht. In den kommenden Wochen werden sich auch Deutschlands Angela Merkel und Frankreichs François Hollande in Peking die Ehre geben. Auch Österreichs Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer befindet sich zurzeit mit einer Delegation in Hongkong. Das Wachstumspotenzial Asiens sei „super“. „Ziel ist es, Österreichs Außenhandelsvolumen allein mit China bis 2020 auf 20 Milliarden Euro zu verdoppeln“, kündigte Mahrer in Hongkong an. (age/loan)

AUF EINEN BLICK

Wachstum. Heute, Montag, veröffentlicht China seine Konjunkturdaten für das abgelaufene dritte Quartal. Experten erwarten ein Plus von nur mehr 6,8 Prozent – das wäre der schwächste BIP-Zuwachs seit der Finanzkrise 2009. Chinas Führung warnte bereits am Wochenende vor übertriebenen Erwartungen an Chinas Wirtschaftswachstum und räumte Sorgen über die Konjunkturaussichten des Landes ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2015)

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