Schochin: „Wozu Magna das tut, ist mir ein Rätsel“

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Russlands Industriesprecher Alexander Schochin im Gespräch mit der "Presse" über den Opel-Deal: "Ich bin nicht überzeugt, dass man die Opel-Produktion in Russland auf der Gaz-Plattform machen soll. Ich kenne eine bessere."

Die Presse: Was hat Russland eigentlich vom Opel-Deal?

Alexander Schochin: In erster Linie bringt es Opel viel. Man braucht nicht zu fürchten, dass Fiat als Konkurrent Opel-Werke schließt und kann die Marke besser positionieren. Für Russland ist Opel ein aussichtsreiches Modell. Und die Kooperation mit Magna ist sehr wichtig; Magna ist für uns wichtiger als Opel. Wir brauchen Magna, denn russische Autobauer leiden unter dem Mangel an guten Zulieferern.

Zum Aufbau einer russischen Zulieferindustrie hätten Sie Magna auch ohne Opel einladen können.

Schochin: Das wäre für Russland besser gewesen, aber Magna wollte Opel. Wozu Magna das tut und wozu Magna einen Autoproduzenten braucht, ist mir ein Rätsel. Magna hat sich doch äquidistant zu allen Autobauern positioniert und beliefert alle. Was Russland betrifft, so geht es nicht darum, deutsche Werke zu schließen. Aber um den Versuch, das Opel-Kompetenzzentrum nach Russland zu verlagern oder es gemeinsam mit den Deutschen zu betreiben, um zu vermeiden, dass es weiterhin beim Import von Technologie bleibt.

Wäre unüblich. Gewöhnlich lassen ausländische Firmen ihre Modelle in Russland zusammenbauen.

Schochin:Putin hat gesagt, es gehe bei Opel und Magna darum, Russland in den Prozess der Entwicklung einzubinden. Beim größten russischen Autobauer Avtovaz hat das nicht funktioniert. Mal sehen, ob es bei Magna und Opel funktioniert, dass sie es auf einer Plattform wie bei GAZ umsetzen. Ich verstehe, warum Gaz das braucht – und warum Opel das braucht.

Warum braucht es die Sberbank?

Schochin: Das verstehe ich nicht. Wäre Sberbank ein industrieller Investor, der Einstieg wäre verständlich. Die Sberbank ist ein Finanzinvestor, als solcher muss sie Geld in wachsende Aktiva investieren. Im eigenen Land haben wir viele Aktiva, die die Sberbank nicht refinanziert. Viele Werke müssten refinanziert werden, aber die Zentralbank (als Mehrheitseigner der Sberbank, Anm.) lässt das nicht zu. Vom politischen Standpunkt aus braucht die Sberbank Beispiele großer Deals mit russischen Unternehmen. Andernfalls wäre der Einstieg nicht sehr überzeugend. Selbst mit Putins Argumenten.

Welche meinen Sie?

Schochin: Dass dies für uns eine neue Technologie ist. Denn haben Nissan, das letzte Woche ein Werk in Russland eröffnet hat, oder Toyota, Ford oder VW etwa keine modernen Technologien? Sie produzieren hier die Modelle, die sie auch in Deutschland herstellen.

Wer ist der Hauptmotor des Konsortiums? Hat sich Russland dem Magna-Vorschlag angeschlossen?

Schochin: Da spielt die Politik mit: Deutschland hat uns vor Jahren beim Projekt EADS vor die Tür gesetzt. Damals hatte die VTB-Bank fünf Prozent EADS-Aktien gekauft und erklärt, dass sie den Anteil auf zwölf Prozent aufstocken wolle. Kanzlerin Merkel sagte Nein, weil man keinen russischen Aktionär zulassen werde, vor allem keinen teilstaatlichen. Putin wollte bei Opel zeigen, dass man uns nicht zu fürchten braucht.


Wenn Russland das beweisen kann, werden sich dann die Tore für Gazprom in Europa weiter öffnen?

Schochin: Das ist nicht ausgeschlossen. Seinerzeit haben Oligarchen im Westen auch Fußballklubs gekauft, damit die Bürger sie als normale Leute aufnehmen, sie auf den Tribünen sehen. Ein Produktionsaktiv zu kaufen ist etwas ganz anderes. Russland will ein moralisches Argument – im Sinne von: Wir haben euch doch bei Opel geholfen; lasst uns freundlich sein.

Magna wird der Schlüssel zu einer russischen Zulieferindustrie?

Schochin: Ich bin nicht überzeugt, dass man die Opel-Produktion in Russland auf der Gaz-Plattform machen soll. Ich kenne eine bessere: GM hat in Kaliningrad schon 100.000 Autos zusammengebaut und war bereit, die Produktion auszubauen. GM hat dort eine fertige Plattform für Opel, bei Gaz müsste umgestellt werden.

zur Person

Der „Sprecher der Oligarchen“ ist einer jener Titel, mit dem Alexander Schochin schon bedacht wurde. Der 57-Jährige ist Präsident des russischen Unternehmer- und Industriellenverbandes und Hauptlobbyist der russischen Großunternehmer. Kürzlich wurde der frühere Wirtschaftsminister und Exvizepremier in den Aufsichtsrat des Ölkonzerns TNK-BP berufen.

„Russland braucht Magna“, sagt Schochin im Interview. Wozu Magna Opel braucht, verstehe er aber nicht. Schochins Ansicht nach soll Opel künftig in der Exklave Kaliningrad produzieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2009)

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