Exxon droht Prozess, weil es Klimawandel falsch darstellte

Exxon klärte Anleger möglicherweise nicht genug über Geschäftsrisken auf.
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Die New Yorker Staatsanwaltschaft ermittelt, ob der Ölkonzern die Risken des Klimawandels heruntergespielt hat.

Wien. Der US-Ölkonzern Exxon Mobil ist ins Visier der New Yorker Staatsanwaltschaft geraten. Dem Unternehmen wird zur Last gelegt, Öffentlichkeit und Anleger über die Risken des Klimawandels in die Irre geführt zu haben. Das berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf Insider. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman, für sein hartes Vorgehen gegen Großkonzerne bekannt, soll von Exxon die Herausgabe von Finanzdaten, E-Mails und zahlreichen weiteren Dokumenten angeordnet haben.

Die laut der Quellen schon vor einem Jahr eingeleiteten Ermittlungen gingen von der Fragestellung aus: Hatte das Unternehmen seine Investoren vollkommen darüber aufgeklärt, welche finanzielle Bedrohung der Klimawandel – und die damit einhergehenden Bemühungen, fossile Brennstoffe zu begrenzen – für die Ölbranche darstellt? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, würden Konzernaktivitäten bis in die Siebzigerjahre zurück durchleuchtet. Unternehmenssprecher Kenneth Cohen sagte gegenüber der „New York Times“: „Wir weisen unmissverständlich die Vorwürfe zurück, dass Exxon Mobil Studienergebnisse zum Klimawandel unterdrückt hat.“

Dreh- und Angelpunkt scheint dem Artikel zufolge die Diskrepanz zwischen den jahrzehntelangen hauseigenen Forschungsergebnissen, die sich in den Mainstream der wissenschaftlichen Literatur zum Klimawandel reihen, und einer davon teils divergierenden, die Gefahren für seine Anleger verharmlosenden Unternehmenskommunikation nach außen zu sein.

Widersprüchliche Aussagen

So hat Exxon laut „New York Times“ jüngst gegenüber Investoren dezidiert die Möglichkeit ausgeschlossen, dass die US-Regierung Klimaregeln ergreift, die Exxon zwingen könnten, seine Abbaurechte ruhen zu lassen. Das Fazit des Energieriesens: Die steigenden Bevölkerungszahlen und der weltweite Energiebedarf machen Öl- und Gasressourcen unentbehrlich und würden diesen Schritt verhindern.

Zudem habe Exxon, so Insider, zumindest ein Jahrzehnt lang fremde Studien finanziert, welche die klassische Klimaforschung unterminieren. Auf diese Geldspritzen der Neunziger- und 2000er-Jahre angesprochen, erwiderte Cohen, man habe mit diesen Gruppen nur an einem Strang gezogen, da Exxon ihre politische Forderung, die USA aus dem Kyoto-Klimaschutzprotokoll herauszuhalten, teilte. Mitte der 2000er-Jahre habe man aber die Finanzierungen eingestellt und sich von den Forschungen distanziert. „Wir erkennen das Risiko an“, betonte Cohen.

Neuer Zündstoff

Medienberichte der vergangenen Monate sollen den staatsanwaltschaftlichen Recherchen wieder neuen Schwung verliehen haben. Im Februar wurde beispielsweise bekannt, dass ein Forscher des Washingtoner Smithsonian Instituts, der etablierte Klimaforschungsergebnisse in Frage stellte, großzügige finanzielle Unterstützung von Ölunternehmen genoss – unter anderem von Exxon.

Auch eine Reihe investigativer Artikel von US-Medien wie der „Los Angeles Times“ im Lauf des vergangenen Halbjahres spornten die Staatsanwaltschaft an. Darin wurde Exxons hauseigenen Wissenschaftlern vorgeworfen, bereits 1977 von den von Menschen produzierten Emissionen und deren negativen Auswirkungen auf das Klima gewusst zu haben.

Auch der britische „Guardian“ publizierte ein E-Mail eines langjährigen Mitarbeiters des Ölriesens, in dem dieser bekannt gab, der Konzern habe seit 1981 vom Klimawandel gewusst – sieben Jahre, bevor das Thema in der Öffentlichkeit ankam. Dennoch habe Exxon auch danach noch beinahe drei Jahrzehnte lang Millionen investiert, um den Klimawandel zu verleugnen. (ag/loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2015)

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