Griechenland: Zeitenwende für Banken

Griechenlands Banken ziehen sich vermehrt aus den Nachbarmärkten zurück.
Griechenlands Banken ziehen sich vermehrt aus den Nachbarmärkten zurück.(c) Bloomberg (Konstantinos Tsakalidis)
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Die National Bank of Greece hat sich von ihrer Türkei-Tochter getrennt. Der Verkauf gilt als Startschuss für den Rückzug griechischer Finanzinstitute aus dem Ausland.

Athen. Mitte Dezember verkaufte die National Bank of Greece, eine der vier Systembanken Griechenlands, ihre türkische Tochterbank, die Finansbank, um den stolzen Preis von 3,5 Milliarden Euro an die Qatar National Bank. Der Verkauf ist wohl das Startsignal für den Rückzug der griechischen Kreditinstitute aus den Nachbarmärkten auf dem Balkan, in die sie seit der Ostöffnung 1990 massiv expandiert haben. Der Deal muss noch von den türkischen Aufsichtsbehörden abgesegnet werden.

Der Verkauf ist für die Kapitaldecke der National Bank ein Segen: Er verringert die Aktiva um rund ein Fünftel, womit die Bank eine Kernkapitalquote von 19,7 Prozent erreicht, die sie künftigen Stresstests der Europäischen Zentralbank (EZB) mit großer Gelassenheit entgegenblicken lässt. Zudem kann die Bank einen Großteil der zwei Milliarden Euro an Hilfsmitteln, die sie in Form von teuren Wandelanleihen bei der erst im November abgeschlossenen Rekapitalisierung bekommen hat, wieder zurückzahlen.

Dritter positiver Effekt des Verkaufs: Der Anteil der Kredite im Verhältnis zu den Einlagen innerhalb der Gruppe verringert sich, was die Kapitaldecke weiter stärkt. Und doch gab das Management die türkische Tochter wohl nur schweren Herzens ab. Mit dreistelligen Millionengewinnen war sie eine der wichtigsten Einnahmequellen der Gruppe.
Aber letztlich war es angesichts der Finanzengpässe auf dem griechischen Markt eine unabwendbare Entscheidung. Die Bereitstellung nachhaltiger Kredite an gesunde griechische Unternehmen auf dem ausgetrockneten griechischen Kapitalmarkt muss Vorrang haben vor Expansionsplänen im Ausland.

Im November wurden die griechischen Banken mit zehn Milliarden Euro rekapitalisiert. Ausländische und inländische Investoren kauften damals die neuen National-Bank-Aktien bei der Kapitalaufstockung äußerst günstig. Der Verkauf der Finansbank hat dem Aktienwert gutgetan: Bei Bekanntwerden des Verkaufs stieg die Bankaktie um 16 Prozent.

Gleichzeitig aber wurden die Aktiva der Filialen der vier griechischen Systembanken im benachbarten Ausland mit einem Schlag von etwa 60 Milliarden Euro auf um die 34 Milliarden zurückgestutzt. Weitere Verkäufe von Tochterfirmen griechischer Banken vor allem in Bulgarien, Rumänien und Serbien dürften bevorstehen – sie waren in den Restrukturierungsplänen der Institute, die sie der EU-Kommission vorlegen mussten, bereits vorgezeichnet.

Großer Stellenabbau im Inland

Das dürfte das Ende der starken Präsenz der griechischen Banken in Südosteuropa bedeuten, wohin sie, im Wettlauf nach der Ostöffnung in den Neunzigerjahren früh eingedrungen sind, und, in Konkurrenz zu den österreichischen Banken, trotz der griechischen Schuldenkrise nach wie vor starke Präsenz zeigen. Manche der Institute werden wohl abgegeben werden, in anderen Fällen werden die griechischen Banken untereinander fusionieren und den Filialbestand verkleinern.

Noch schmerzhafter dürfte die Flurbereinigung im Inland werden. Nachdem bereits in den vergangenen Jahren im Lauf der Krise im Bankensektor tausende Arbeitsplätze abgebaut wurden, sollen bis 2017 weitere 6000 Stellen gestrichen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2015)

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