Neues EZB-Instrument: "Wir ersaufen im Geld"

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Banken holen sich mit dem neuen Instrument 442 Milliarden Euro für ein Jahr um ein Prozent von der Europäischen Zentralbank. Experten warnen, dass die EZB in naher Zukunft Probleme haben wird, wieder Geld vom Markt zu nehmen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Kampf gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise mit einem neuen Finanzinstrument so viel Geld in den Markt gepumpt wie nie zuvor. Ihr Angebot an die Banken und Sparkassen, sich erstmals für ein Jahr bei der Notenbank unbegrenzt Geld zu einem Prozent zu leihen, fand am Mittwoch reißenden Absatz: 1121 Banken aus der Euro-Zone nahmen das Angebot an. Die Notenbank teilte 442 Milliarden Euro zum Festzins von 1,0 Prozent zu. Nun könnten auch die längerfristigen Zinsen deutlicher fallen.

"Wir ersaufen im Geld"

"Das war ein extrem großzügiges Angebot von der EZB", erklärte Analyst Julian Callow von Barclays Capital. "Wir ersaufen im Geld", sagte ein Händler. Die EZB teilte den Instituten für 371 Tagen insgesamt 442,241 Milliarden Euro zu. Laut Goldman Sachs sind das etwa 1300 Euro je Euro-Zonen-Bürger. Das war deutlich mehr als von den meisten Analysten mit rund 300 Milliarden Euro erwartet wurde. Vor allem die hohe Zahl der Bieter - normalerweise beteiligen sich Händlern zufolge nur rund 700 Banken an einem Tender - zeige das hohe Interesse der Kreditwirtschaft an der Geldspritze, sagte ein Analyst.

Hoher Geldüberschuss

Börsianer gehen davon aus, dass die Märkte es nun für einige Zeit mit einem hohen Überschuss an Liquidität zu tun haben werden. "Die EZB wird das in kurzer Zeit kaum geordnet über normale Schnelltender abschöpfen können", warnte ein Händler.

Schnelltender

Schnelltender gehören neben anderen Offenmarktgeschäften zu den wichtigsten Instrumenten der EZB. Damit steuert die Europäische Zentralbank die Entwicklung der Zinsen und der Liquiditätssituation. Über die Eröffnung eines Offenmarktgeschäfts entscheidet die EZB. Banken bekommen über diese Geschäfte den Großteil ihres Geldes. Im Gegenzug müssen sie Sicherheiten wie etwa Wertpapiere verpfänden. Speziell ein Schnelltender wird über eine kurzfristige Ausschreibung abgewickelt und dient der Feinsteuerung des Marktes.

Börsianer erwarten daher, dass viele Banken ihre Gelder künftig wieder in die Einlagefazilität der EZB parken müssen, also mehr Geld ständig bei der Zentralbank anlegen müssen. Deren Volumen war während der Krise in den dreistelligen Milliardenbereich geklettert. Derzeit liegt er meist bei gut zehn Milliarden, vor der Krise hatte er häufig unter eine Milliarde betragen. Allerdings ist diese Übernacht-Fazilität (Einlage über nur eine Nacht) der EZB für die Banken nicht sonderlich attraktiv, da sie dafür nur einen Zins von 0,25 Prozent bekommen. Insofern könnten die Banken nun eher dazu bereit sein, überschüssige Gelder anderen Banken zu leihen.

Refinanzierungsgeschäfte

Die Zentralbank steuert die Menge des Geldes in einer Region (z.B. Europa) hauptsächlich über "Refinanzierungsgeschäfte". Dazu dient ein Zinstender nach amerikanischem Verfahren: Die Zentralbank gibt einen Mindestzinssatz und die gesamte Kreditmenge vor. Banken geben ihre Gebote ab, wie viel Geld sie brauchen und nennen auch einen Zinssatz, den sie bereit sind zu zahlen. Die Zuteilung der Kredite: Gebote mit dem höchsten Zinssatz werden voll bedient. Dann die zweithöchsten usw. Gebote nahe dem Mindestzinssatz werden nur noch anteilig berücksichtigt: Auf sie wird nur mehr das Volumen verteilt, dass nach den höchsten Geboten übrig ist.

(Ag./Red.)

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