Pyramidenspiel: Madoff zu 150 Jahren Haft verurteilt

Bernard L. Madoff
Bernard L. Madoff(c) AP (Stuart Ramson)
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Das Urteil im größten Betrugsfall der Wall-Street-Geschichte ist gefallen. Unmittelbar vor der Urteilsverkündung zeigte der 71-Jährige nochmals Reue: Er hinterlasse seiner Familie ein "Vermächtnis der Schande".

Im wohl größten Betrugsfall der Wirtschaftsgeschichte ist der frühere Star-Investor Bernard Madoff von einem New Yorker Gericht zu 150 Jahren Haft und damit in allen Anklagepunkten zur Höchststrafe verurteilt worden. "Es ist die Entscheidung dieses Gerichts, dass Bernard Madoff zu 150 Jahren im Gefängnis verurteilt wird", sagte Richter Denny Chin am Montag. Das Gericht folgte damit der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Kurz vor Verkündung des Strafmaßes hatte der 71-jährige Madoff sich noch bei seinen Opfern entschuldigt: Es tue ihm leid, sagte der Milliardenbetrüger. Er müsse nun "bis ans Ende seiner Tage mit diesem Schmerz leben". An einige der vor Gericht anwesenden Opfer gewandt fügte er hinzu: Es gebe keine Entschuldigung für sein Handeln, er bitte daher nicht um Vergebung. Seinen Angehörigen hinterlasse er ein schweres Erbe der Schande, sagte Madoff. "Ich bin für eine Menge Kummer und Leid verantwortlich."

Die Zuschauer im Gerichtssaal, darunter viele Opfer, applaudierten bei der Bekanntgabe des Urteils. Madoffs Anwälte hatten mit Hinweis auf das fortgeschrittene Alter und das Geständnis des Angeklagten den Richter aufgefordert, Milde zu üben. Das Weiße Haus in Washington begrüßte das Urteil. Dieses signalisiere, dass, wer das Geld anderer anlege, eine große Verantwortung "gegenüber dem Investor und diesem Land" trage, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Robin Gibbs.

Undurchschaubares Pyramidensystem

Der einstige Star-Investor Madoff hatte über Jahre mit einem komplexen Pyramidensystem Investoren um Milliarden Dollar geprellt. Nachdem sein betrügerisches System im vergangenen Dezember zusammengebrochen war, wurde er wegen Diebstahls, Geldwäsche und Urkundenfälschung angeklagt.

Madoffs Pyramidensystem war so kompliziert, dass die Ermittler noch nicht einmal das genaue Ausmaß des Schadens berechnen konnten. Sie gehen davon aus, dass er etwa 13 Milliarden Dollar von seinen Investoren bekam. Zuvor war von bis zu 50 bis 65 Milliarden Dollar die Rede. Er habe den Eindruck, dass Madoff vor Gericht nicht sein ganzes Wissen mitgeteilt habe, um die Entschädigung der Opfer zu erleichtern, kritisierte Richter Chin.

Schuldeingeständnis in allen Punkten

Madoff hatte sich im März in allen Anklagepunkten schuldig bekannt. Zugleich räumte er ein, dass Geld einen unwiderstehlichen Reiz auf ihn ausübe. Bei Madoffs kriminellen Machenschaften handelte es sich um den mutmaßlich größten Betrugsfall der Wirtschaftsgeschichte. Laut Anklage soll Madoff spätestens seit den frühen 1990er Jahren Gelder von Anlegern, die er vor allem in der jüdischen Gemeinde der USA einsammelte, nicht etwa in Aktien und Optionen angelegt haben. Vielmehr habe er die Milliarden lediglich auf einem Konto gelagert und Kunden, die Geld abziehen wollten, aus den Mitteln ausgezahlt, die er von neuen Anlegern eingeworben hatte.

Über Jahrzehnte soll Madoff über Marktschwankungen hinweg seinen Kunden auf diese Weise Renditen im zweistelligen Prozentbereich vorgegaukelt haben. Mit Tausenden gefälschter Kontoauszüge soll Madoff einen Wert der Anlage von insgesamt 65 Milliarden Euro vorgespiegelt haben.

Prominente Opfer

Zu den Geschädigten gehören Prominente wie der Regisseur Steven Spielberg, aber auch Stiftungen wie die des Friedensnobelpreisträgers und Holocaust-Überlebenden Elie Wiesel sowie Tausende von Privatanlegern, Pensionsfonds, Hedgefonds und wohltätige Einrichtungen. Auch Banken in Europa, darunter die österreichische Medici Bank investierten bei Madoff. Österreichische Privatanleger sollen laut Nationalbank mit rund 350 Millionen Euro betroffen sein. Von den Einnahmen finanzierte Madoff der Anklage zufolge nicht nur Auszahlungen an Anleger, sondern auch den eigenen aufwendigen Lebensstil. Zu den Besitztümern, deren Einzug das Gericht beschlossen hat, gehören Millionen von Dollar teuere Immobilien in New York und Palm Beach, Florida, sowie eine Jacht.

Bereits vor wenigen Tagen hatte das Gericht die Beschlagnahme des illegal erworbenen Anlagevermögens von Madoff in Höhe von 170 Milliarden Dollar (121 Milliarden Euro) angeordnet. Zugleich wurde der Einzug von 85 Mio. Dollar aus dem Anlagevermögen von Madoffs Frau Ruth verfügt. Das Ehepaar willigte zudem ein, drei ihrer Luxus-Anwesen in Manhattan, Palm Beach und auf Long Island sowie andere Wertgüter zu verkaufen. Ruth Madoff bleibt nach der Beschlagnahme aber immerhin noch Bargeld in Höhe von 2,5 Millionen Dollar.

Frau fühlt sich "verraten"

Ruth Madoff, die Ehefrau von Bernard Madoff, fühlt sich von ihrem Mann verraten. Dieser sei nicht mehr "der Mann, den ich in all diesen Jahren kannte", erklärte Ruth Madoff am Montag (Ortszeit) nach dem Urteilsspruch gegen den 71-Jährigen in New York. Sie fühle sich "verraten" von "diesem Mann, der diesen schrecklichen Betrug beging".

Das Weiße Haus in Washington begrüßte das Urteil. Dieses signalisiere, dass, wer das Geld anderer anlege, eine große Verantwortung "gegenüber dem Investor und diesem Land" trage, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Robin Gibbs.

(Ag.)

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