Steuern: Polen drangsaliert fremde Firmen

Einkaufszentrum in Warschau  |Warsaw Shopping Mall| =
Einkaufszentrum in Warschau |Warsaw Shopping Mall| =(c) Rainer Unkel / picturedesk.com (Rainer Unkel)
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Polens neue Regierung nimmt Anleihe bei Ungarn und führt eine Sondersteuer für ausländische Einzelhändler ein. Die österreichische Porsche Holding sieht sich „massiv getroffen“.

Wien. Polen entwickelt sich im Eiltempo vom wirtschaftlichen Musterknaben zum Sorgenkind. Die Blaupause dafür hat sich die neue rechtskonservative Regierung offenbar von Ungarns Premier, Viktor Orbán, geliehen: Wie er hat auch die rechtsnationale Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ausländische Konzerne als Finanzierungsquelle für sich entdeckt.

Ab dem ersten Februar sollen nun nicht nur die Banken, sondern auch größere Einzelhändler eine Sondersteuer bezahlen müssen. „Ursprünglich sollte das nur die Supermärkte treffen“, sagt Österreichs Wirtschaftsdelegierter Karl Schmidt zur „Presse“. „Jetzt geht das aber viel weiter.“

Hubschrauber nur aus Polen

Werden die Pläne des Finanzministeriums Realität, müssen alle Händler mit einem Umsatz über 300 Millionen Zloty (67 Millionen Euro) 1,3 Prozent ihrer Einnahmen an den Staat abliefern. Das trifft fast nur internationale Unternehmen. An Wochenenden und Feiertagen steigt der Steuersatz auf 1,9 Prozent. Kleinere, meist lokale Unternehmen müssen hingegen deutlich weniger bezahlen oder sind komplett ausgenommen.

Auch Unternehmen aus Österreich dürften unter diese neue Regelung fallen, erwartet Schmidt – allen voran die Salzburger Porsche Holding, da die polnische Regierung auch Showrooms als Verkaufsfläche wertet und Autohändler so ins neue „Supermarktgesetz“ einbezogen werden. „Uns würde das massiv treffen“, sagt ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. Porsche ist mit 15 Autohäusern im Land vertreten, verkaufte im Vorjahr 12.400 Neuwagen und erwirtschaftete 2014 rund 310 Millionen Euro Umsatz. Sollte das Gesetz im Februar tatsächlich in Kraft treten, werde das Unternehmen die Preise entsprechend anheben, hieß es bei Porsche.

Der Griff in die Kassen der internationalen Konzerne ist aber nur ein Teil der beginnenden Renationalisierung der polnischen Wirtschaft. Am Dienstag verkündete das Verteidigungsministerium, „sehr wahrscheinlich“ die Bestellung von 50 Airbus-Hubschraubern zu stornieren, weil sie nicht in Polen erzeugt werden. Erst vor wenigen Wochen hat die Regierung zudem eine Bankensteuer beschlossen – auch hier sind vor allem ausländische Kreditinstitute betroffen.

Westliche Investoren alarmiert

All das erinnert stark an die vergangenen sechs Jahre in Ungarn, wo Viktor Orbán sowohl Banken als auch Supermarktketten aus dem Ausland mit Sondersteuern belegt hat, um den ungarischen Staatshaushalt zu sanieren. Größter Unterschied: Polen hätte derartige Maßnahmen eigentlich nicht nötig gehabt. Die Wirtschaft wuchs auch in den Krisenjahren stets beständig, der Staatshaushalt war unter Kontrolle.

Doch mit dem Wahlversprechen der regierenden PiS, das Sozialsystem deutlich auszubauen, braucht das Land neue Einnahmequellen. 472 Millionen Euro soll die Supermarktsteuer bringen, 980 Millionen die Bankensteuer.

Ein Wirtschaftswachstum von 3,6 Prozent wie im vergangenen Jahr würde nicht genügen, um die geplanten Ausgaben zu finanzieren. Schätzungen zufolge wäre beinahe ein doppelt so schnelles BIP-Wachstum dafür erforderlich.

Entsprechend alarmiert sind die westlichen Investoren und Unternehmen, die Polen bisher als krisensicheren Standort in Osteuropa geschätzt haben. Erst vor wenigen Tagen stufte die Ratingagentur Standard & Poor's die Bonität des Landes um eine Stufe herab – auch das eine Premiere für das frühere Vorzeigeland.

Der österreichische Wirtschaftsdelegierte Schmidt verteidigt „sein“ Land dennoch. Die heimischen Exporte nach Polen hätten im Vorjahr aller Voraussicht nach erstmals die Vier-Milliarden-Euro-Grenze übertroffen. Die Weltbank rechne immer noch mit kräftigem Wachstum (3,7 Prozent).

Noch habe das Land in seinen Augen kaum an Anziehungskraft eingebüßt. Das vor allem deshalb, weil der Großteil der österreichischen Unternehmen in Polen Klein- und Mittelbetriebe seien. Für sie würde sich durch die neuen Gesetze kaum etwas ändern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2016)

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